Noch längst nicht ausdiskutiert ist das Thema „Laboranalysen“. Und es könnte sein, dass die Beschränkung der Kostenübernahme auf in der Regel zwölf Analyse-Parameter pro ärztliche Verschreibung, wie sie die Krankenkassenunion UCM erst am 21. März bekräftigte, nie angewandt wird. Dass die Krankenkassen-Quadripartite am Mittwoch letzter Woche die Frage erörterte, machte die Unruhe nur noch größer.
Dabei hatte die außerordentliche UCM-Vollversammlung Ende März dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs von Mitte Februar Genüge getan. Der Gerichtshof hatte entschieden, es sei verfassungswidrig, dass das Zwölfer-Limit seit 1. Januar 2005 nur galt, wenn ein Patient niedergelassene Privatlabors aufsuchte, nicht aber für Krankenhauslabors im ambulanten Dienst. Aber anstatt die Regelung zurückzunehmen, entschied der UCM-Verwaltungsrat und wenig später die UCM-Vollversammlung, sie auch auf Kliniklabors auszudehnen.
Nun könnte allein die Übung anstehen, alle Beteiligten auf die neuen Gegebenheiten vorzubereiten. Das ist an sich schon schwierig: Theoretisch gilt, laut dem UCM-Beschluss vom März, das Limit im gesamten ambulanten Bereich bereits seit 1. April. Doch weder die außerklinischen Labors, noch die in den Spitälern sind schon in der Lage, ihre Leistungen gemäß der neuen Bestimmung zu kategorisieren. Vor allem die Kliniklabors nicht: sie unterliegen der Klinikbudgetierung, werden bisher nicht nach Analyseakt bezahlt wie die freien Labors und müssen künftig zwei Systeme parallel betreiben. Generell würde in einem Fall, wo ein ambulanter Patient eine Verschreibung seines Arztes über mehr als zwölf Parameter vorlegt, ein außerklinisches Labor die zwölf teuersten Posten wie bisher bei den Krankenkassen abrechnen. Für ein Kliniklabor fiele das unter die Laborpauschale im Budget. Was über diese zwölf hinausgeht, würde wahrscheinlich dem Patienten in Rechnung gestellt. Das zu tun, sind alle Labors „autorisés“. Irgendwann zwischen Herbst dieses und Anfang nächsten Jahres sollen sie so weit sein.
Unterdessen aber gerät die neue Bestimmung von verschiedenen Seiten unter Beschuss. Die außerklinischen Privatlabors hatten letzten Monat über den Dachverband Société luxembourgeoise de biologie clinique den Ärzten mitgeteilt, was über zwölf Analyseposten hinausgeht, würde auch weiterhin dem Patienten nicht in Rechnung gestellt. Heute will die SLBC das zwar nur als Übergangsregelung verstanden wissen, bis alle Labors auf die neue Kodifizierung umgestellt sind. Der Krankenhausdachverband Entente des hôpitaux jedoch macht sich bereits Gedanken, ob hier nicht der umgekehrte Fall von Wettbewerbsverzerrung produziert würde. Vor allem aber gab die Führung des Ärzteverbands AMMD auf der Krankenkassen-Quadripartite letzte Woche bekannt, keine Selbstbeschränkung auf zwölf Analyseposten praktizieren zu wollen. Etwas anderes sei medizinisch nicht zu vertreten, da wissenschaftlich nicht zu begründen und liege demnach auch nicht im Patienteninteresse.
Damit hat die „Laborfrage“ das Zeug, zum Politikum zu werden. Denn das Zwölfer-Limit war nicht nur dazu gedacht, den Ausgabenanstieg für Analysen der Privatlabors zu bremsen. Dieser betrug zwischen 2000 und 2004 über 70 Prozent, für die Kliniklabors dagegen nur 17 Prozent. Die Rede ist auchvon noch immer beträchtlichen Gewinnmargen der Labors. Die Maßnahme sollte allerdings auch die Ärzte auf das „utile et nécessaire“ hin disziplinieren. Nur sechs spezielle Pathologien wurden von der Beschränkung ausgenommen. Laut UCM ging das Kalkül auch auf: Ende Januar 2005, dem ersten Monat der neuen Regelung, sank der Anteil der Verschreibungen mit mehr als zwölf Posten auf 20 Prozent; ein Jahr zuvor hatte er bei 65 Prozent gelegen.
Allerdings war die Regelung seinerzeit mit stillschweigender Duldung durch den Ärzteverband wirksam geworden. Dessen Führungsspitze hat Ende 2005 gewechselt und ist entschiedener als ihre Vorgängerin bei der Verteidigung von Therapie- und Verschreibungsfreiheit. Insgeheim hoffte sie mit den Privatlabors, die Bestimmung werde sowieso gekippt. Und schließlich soll die Weigerung Signalwirkung haben: Auf der Quadripartite konnte Sozialminister Mars Di Bartolomeo verkünden, sich mit der AMMD auf eine Methode zur Kontrolle der „Krankenscheinautomaten“ geeinigt zu haben. Das könnte für ihn ein wichtiges Argument in der Diskussion um das Einheitsstatut im Privatsektor sein. Es ist aber auch seit der Krankenversicherungsreform 1992 die erste „réference médicale opposable“, anhand der liberale Mediziner kontrolliert werden können. Geht es nach der AMMD, soll es dabei eine Weile bleiben.
Dass für den Fall, die Ärzte wenden nicht automatisch das Zwölfer-Limit an, über Extra-Analysen letzten Endes der Patient entscheiden müsste und er natürlich ohnehin für zusätzliche Kosten aufzukommen hätte, hat bereits auf der Quadripartite OGB-L-Sozialsekretär René Pizzaferri herausgestellt. Davon sei die UCM-Vollversammlung bei ihrem Beschluss im März nicht ausgegangen, und darum könne er die Regelung ebenfalls nicht mehr verantworten: Alles andere sei Leistungsabbau.
Damit dürfte die weitere Entwicklung der „Laborfrage“ nicht nur davon abhängen, ob bis zum Herbst die Diskussion von Alternativvorschlägen voran kommt, die die SLBC unterbreitet hat, sondern nicht zuletzt auch davon, wie politisch hoch die Gewerkschaften das Thema hängen und die Haltung der AMMD als Provokation verstehen. Im Nachklang des diesjährigen 1. Mai scheint vieles möglich.