Schon am Dienstagabend im RTL-Fernsehen ruderte Foyer-General-direktor François Tesch vorsichtig zurück: Am nächsten Tag werde man sich mit dem arbeitsmedizischen Dienst des Finanzsektors (ASTF) treffen. Sollte man dort erfahren, dass es doch nicht ratsam sei, Foyer-Angestellte, die ihren Urlaub in einem Land mit hoher H1N1-Prävalenz verbracht haben, zur Vorsorge-Untersuchung zu schicken, werde man sich „schnell einigen“. Nach dem Treffen vom Mittwochvormittag erklärte ASTF-Chefmediziner Claude Bollendorf dem Land, er habe die Foyer-Direktion „so verstanden, dass sie das noch einmal überdenken will“. Die ASTF jedenfalls habe weder eine Vorsorge-Untersuchung empfohlen, noch, Urlaubsheimkehrer die siebentägige Inkubationszeit zuhause abwarten zu lassen, ehe sie wieder ins Büro gelassen werden. Letzteres „haben wir im April gesagt, als H1N1 ausgebrochen war und keiner wusste, wie schnell es sich verbreiten und wie gefährlich es sein würde. Aber jetzt nicht mehr“.
Präventiv-Tests wären auch schwerlich mit den derzeit in Luxemburg geltenden Richtlinien zur H1N1-Erkennung zu vereinbaren. Diese orientieren sich an den im Mai vom European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) in Stockholm für die EU herausgegebenen Empfehlungen, dass auf H1N1 nur getestet werden sollte, wer sowohl Grippesymptome zeigt, als auch in den sieben Tagen zuvor mit einem Infizierten Kontakt hatte oder in einem Land mit hohem H1N1-Aufkommen unterwegs war. Im Zweifelsfall sollte jedoch immer getestet werden, wird darüberhinaus den Luxemburger Ärzten vom Gesundheitsministerium geraten. Tests an Symptomfreien würden diesen Rahmen sprengen – und die heimischen Laborkapazitäten gleich mit. Mehr als 50 Analysen pro Tag schafft das damit beauftragte Laboratoire national de Santé nicht, und noch sind keine Krisenkapazitäten eingerichtet. Aber wozu auch, wenn H1N1 derzeit nur halb so virulent ist wie eine durchschnittliche saisonale Influenza, von der kein Mensch spricht?
Allem Anschein nach waren die bei Foyer erlassenen Regeln zur Schweinegrippe-Prophylaxe, die der OGB-L laut protestierend publik machte, eine vereinzelte Überreaktion im Finanzsektor. Bei endemischer Verbreitung einer gefährlich mutierten H1N1-Variante wäre die Weiterführung der Aktivitäten der Branche allerdings strategisch ähnlich kritisch wie die von Transportwesen oder Energie- und Wasserversorgung. Aber weder bei der ASTF, noch bei dem sämtliche Maßnahmen zum Umgang mit H1N1 koordinierenden Hochkommissariat für nationalen Schutz (HCPN) weiß man von größeren Infektionsbefürchtungen im Finanzsektor. Im Gegenteil, sagt Hochkommissar Roland Bombardella: Der vierte hierzulande festgestellte H1N1-Fall habe einen Mitarbeiter der Branche betroffen. Wie sein Betrieb intern damit umging, den Erkrankten zur Untersuchung schickte und seine Arbeitskollegen präventiv versorgen ließ, sei „vorbildlich“gewesen. Und alle großen Finanzinstitute hätten mittlerweile H1N1-Überwachungsstäbe gebildet.
Die Frage, wie gut Luxemburg vorbereitet wäre, falls im Herbst eine gefährlichere Variante des Virus auftritt, werfen die Irritationen um die Foyer-Bestimmungen allerdings auf. Auch, da ebenfalls am Dienstag in Dänemark der erste Tamiflu-resistente H1N1-Strang auftrat.
Weil europaweit ab 2005 die Sorge um die Vogelgrippe H5N1 zur Ausarbeitung nationaler Pandemie-Notfallpläne führte, ließ die EU-Kommission Ende 2007 alle Pläne durch das Stockholmer ECDC überprüfen. Der Test ergab fast überall Mängel vor allem hinsichtlich der Frage, wie im Krisenfall die Personaldecke in strategisch wichtigen Branchen aufrecht erhalten werden sollte.Man könne dieses Problem aber auch in einem kleinen Land beherrschen, unterstreicht HCPN-Chef Bombardella. „Wir haben Notfallszenarien für alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft parat, und zur Aufrechterhaltung des Betriebes noch für kleinste Handwerksfirmen.“ Aber nach wie vor sei es „viel zu früh, um damit an die Leute zu gehen“. Vielleicht werde man „in einem Jahr“ Maßnahmen ins Auge fassen müssen, wie Le Foyer sie diskutierte.