Als es auf ihr Ende zuging, war die CSV/LSAP-Koalition in Unternehmerkreisen so verhasst wie kaum eine Regierung in den Jahrzehnten zuvor. Deshalb hatten sie auch gar nicht einmal so diskret Hand mit angelegt, als es hieß, Stimmung gegen die Koalition zu machen, bis sie sogar stürzte. Weil er sich dieses Drucks bewusst war, hatte der damalige Premier Jean-Claude Juncker im Mai 2013 die Spitzen der Unternehmerverbände empfangen, die ihm zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandorts Forderungskataloge zugeschickt hatten, und gab ihnen zu verstehen, wie einst de Gaulle in Alger: „Je vous ai compris!“
Was während Monaten, während Jahren verschleppt worden war, versprach der CSV-Premier, der schließlich die Verkürzung der Verwaltungswege zu seiner Chefsache erklärte hatte, nun mit einer, zugegeben etwas absolutistischen, Handbewegung möglich zu machen: dass wichtige Prozeduren des Niederlassungsrechts, der Stadtplanung, des Gewerbe- und Wohnungsbaus, des Umweltschutzes und der Landesplanung drastisch verkürzt, vereinfacht oder ganz abgeschafft werden, in Genehmigungsverfahren ein paar übersichtliche Normen willkürliche Verwaltungsentscheidungen ersetzen, Genehmigungen als erteilt gelten, wenn eine Verwaltung nicht kurzfristig auf Anträge antwortet, Bau- und Betriebsgenehmigungen nicht mehr voneinander abhängig sind... Um keine Zeit zu verlieren, sollten all die vielen Gesetzesänderungen in ein einziges Gesetz „für alle“ (omnibus) gepackt werden, das binnen Monaten in Kraft treten würde. Entzückt verließen die UEL-Männer das Staatsministerium, weil sie das Wort des Premiers hatten, dass sich die Regierung nun endlich ihrer Anliegen konsequent annehme und den wuchernden Staat zurückdrängen wolle.
Dann hörte man nichts mehr von dem Omnibus-Gesetz: weder die von dieser Geheimdiplomatie ausgeschlossene Öffentlichkeit, die gerne gewusst hätte, welche Prozeduren vereinfacht und ob auch solche gelockert würden, die geschaffen worden waren, um die Gesundheit, die Natur, die Landschaft oder die Staatskasse zu schützen; noch die Unternehmer, die sich einer undurchsichtigen und willkürlichen Bürokratie ausgeliefert fühlen, die sie Zeit und Geld kostet und das Wirtschaften noch unberechenbarer macht, als es ohnehin schon ist. Erst im Wahlkampf ging wieder die Rede davon, als Jean-Claude Juncker klagte, dass das Gesetz leider nicht rechtzeitig in Kraft treten konnte, weil unverantwortliche Elemente ihn und seine Regierung wegen einer Lappalie gestürzt hätten. Doch da hatte sich schon langsam herumgesprochen, dass während all der Monate niemand in der Staatsverwaltung so richtig mit der Ausformung des Omnibus-Gesetzes befasst gewesen war.
Also machte sich der nunmehr für die Verwaltungsreform zuständige Minister Dan Kersch (LSAP) vor drei Wochen ein teuflisches Vergnügen daraus, zu erzählen, dass sich in keiner Schublade des Staatsministeriums ein Vorentwurf des Omnibus-Gesetzes finden ließ. Was die ebenfalls nie um eine humorvolle Note verlegene Handwerkskammer bewog, gleich anderntags dem Staatsminister und dem Ressortminister „sämtliche relevanten Unterlagen zukommen [zu] lassen, die es erlauben werden, die nötigen Gesetzesänderungen schnellstmöglich vorzunehmen“.
Das verspricht die neue Regierung nun mit einer im Laufschritt operierenden Task force zu tun. Wobei sie zwar einräumt, dass nicht alles so einfach und nicht alles möglich sein werde, aber ihren wild voluntaristischen Ruf nicht durch die öffentliche Benennung einiger Zielkonflikte schädigen will. Etwa dass der Kampf gegen die Bürokratie meist nicht zu Einsparungen, sondern erst einmal und manchmal für immer zu Mehrausgaben führt. Weil er mit einer nicht minder absurden Staats- und Unternehmensberaterbürokratie zur Reorganisation, Kontrolle, Bewertung und Begutachtung ausgetragen wird. Weil die zügige Bearbeitung von Anträgen und Gesuchen nicht weniger, sondern mehr Beamte und Informatik verlangt. Und weil die Politik den Parkinsonschen Gesetzen nicht äußerlich, sondern Teil von ihnen ist.