Sparpaket

Der Ausstieg

d'Lëtzebuerger Land vom 25.11.2010

Warme Worte des Danks und der Unterstützung kamen binnen Stunden aus fast sämtlichen Parteien und Gewerkschaften, als der sonst so gerne den Unnachgiebigen spielende Finanzminister Luc Frieden (CSV) am Dienstag angekündigt hatte, dass der Bëllegen Akt und die Zinsvergütung beim Erwerb eines Eigenheims bestehen bleiben. Dabei hatte Wohnungsbauminister Marco Schank noch wenige Tage zuvor diese vor allem von der Beamtengewerkschaft CGFP bekämpfte Sparmaßnahme gegenüber dem Lëtzebuerger Land verteidigt, weil ja irgendwo gespart werden müsse. Aber da irrte der Minister wohl, und vielleicht kam auch für ihn die Vollbremsung des Parteikollegen etwas überraschend.

So sieht also die „sortie de crise“ aus, über die vor einem Jahr Minister, Abgeordnete, Zentralbank und Statec angestrengt nachgedacht hatten. Gemeint war die richtige Strategie, um nach einem angeblich großzügigen antizyklischen Konjunkturpaket zur Abwendung der Rezession die Staatsfinanzen wieder ins Lot zu bringen; der delikat genannte Übergang von der Ausgaben- zur Sparpolitik, um bis zu den nächsten Wah­len das Defizit der öffentlichen Hand zu beseitigen. Doch in Wirklichkeit war das Konjunkturpaket zu einem gro­ßen Teil ein Taschenspielertrick, mit dem schon vorher beschlossene Investitionen, Ausgaben und Reformen werbewirksam neu verpackt, aber dafür nicht immer in die Tat umgesetzt wurden. Da folglich das Krisenpaket kein richtiges war, erübrigt sich offenbar auch die anschließende „sortie de ­crise“. Beziehungsweise kann diese Etappe übersprungen werden, und Finanzminister Luc Frieden kündigte diese Woche schon endgültig die „sortie de sortie de crise“ an.

Denn die im Gesetzentwurf 6166 vorgesehenen Sparmaßnahmen werden der Reihe nach abgeschafft, bevor das Parlament das Sparpaket überhaupt gestimmt hat. Als Gegenleistung für eine beschränkte Indexmanipulation verzichtete die Regierung erst auf die Halbierung der Kilometerpauschale (50 Millionen Euro) und die Krisensteuer für 2012 (85 Millionen Euro) und nun auch auf die Einschränkung des Bëllegen Akt und der Zinsvergütung (70 Millionen Euro). Auch die neue Steuer auf Beteiligungsgesellschaften ist für nächstes Jahr abgesagt (50 Millionen Euro) und mit Hilfe eines formellen Einspruchs des Staatsrats vielleicht auch für die Zeit danach.

Sollte das Steuerpaket Ende Juli, als der Gesetzentwurf im Parlament hinterlegt wurde, noch 350 Millionen Euro einbringen, waren es beim Depot des Staatshaushalts Anfang Oktober noch 236 Millionen Euro und nun ist es auf weniger als die Hälfte, 155 Millionen Euro, geschmolzen. Sie sollen durch die Krisensteuer sowie die Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Solidaritätssteuer aufgebracht werden. 2012 soll es noch weniger sein. Rechnet man davon die Ausgaben für die den Unternehmern versprochene Kompensation der Mindestlohn­erhöhung und einer verfrühten Indextranche ab, die über 100 Millionen Euro ausmachen können, bleibt unter dem Strich kaum noch etwas übrig, verpufft das Steuerpaket mit einem schwachen politischen Knall in der Natur.

Da auf der anderen Seite die Sparmaßnahmen weitgehend aus aufgeschobenen Investitionen bestehen, die Rentenanpassung nur verzögert wird, werden die Geschichtsbücher am Ende von der „sortie de crise“ wohl nur eine zaghafte Fortsetzung der Indexmanipulation und eine Kürzung des Kindergelds für Grenzpendler zurückbehalten. Während bei über drei Prozent Wirtschaftswachstum und entsprechend steigenden Staatseinahmen offenbar kein ernsthafter Grund zum Sparen besteht.

Romain Hilgert
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