Der vergangene Freitag war kein schlechter Tag für Henri Grethen: der von Oppositionsparteien, Umweltverbänden und Transportgewerkschaften so oft mangelnder Einsatzfreude geziehene Transportminister konnte nach dem Verdikt des Zürcher Ingenieurbüros Basler über das BTB-Projekt ein ganzes Füllhorn an Maßnahmen zur Verbesserung des öffentlichen Transports ausschütten. Nun, da BTB formell beerdigt werden kann, empfahl Henri Grethen die schnelle Realisierung der Null plus genannten Alternativlösung: die Neukonzipierung der hauptstädtischen Buslinien - teilweise auf für die Tram geplanten Trassen - und ihrer Fahrpläne, die teilweise Verlängerung der Buslinien ins Umland, eine Verbesserung des Eisenbahnverkehrs inklusive zusätzlicher Haltestellen im Süden und Norden des Landes, den Ausbau des Bahnhofs Dommeldingen zum Knotenpunkt von CFL und Bus sowie die Modernisierung des Hauptbahnhofs von Luxemburg-Stadt zum attraktiven Umsteigebahnhof. Angebunden ans Schienennetz könne auch die Industriezone Cloche d'Or werden, und die auf den Industriebrachen ungenutzt liegenden Arbed-Gleise könnten den Landessüden besser erschließen helfen. Nichts einzuwenden hat Hauptstadtbürgermeister Paul Helminger gegen die Untertunnelung der Bahnhofsregion von der Route de Thionville bis hinein in die Avenue de la Liberté zur Versenkung des Autoverkehrs. Und anschließend wurde die Machbarkeitsstudie der Ringbahn Hauptbahnhof-Flughafen-Kirchberg-Dommeldingen-Hauptbahnhof vorgestellt. Diese Trasse, meinte Georges Molitor, stellvertretender Direktor der Straßenbauverwaltung und Vorsitzender der zuständigen Arbeitsgruppe, sollte so verlegt werden, dass vom Kirchberg her über die "Rote Brücke" zu einem späteren Zeitpunkt auch Limpertsberg ans Schienennetz angeschlossen werden kann.
Diese Aufzählung ist an dieser Stelle so ausführlich geraten, weil sich seit dem letzten Freitag die Frage stellt, was denn eigentlich einzuwenden war gegen BTB. Den Verkehrsströmen aus der Luxtraffic-Studie trägt auch das neue Konzept im Wesentlichen Rechnung und kommt damit einem BTB ohne Tram gleich. Aber nach dem Ja zum Tunnel unter der Avenue de la Liberté, der auch für die Trambahn im Gespräch war, steht selbst das letzte Argument des Stater Geschäftsverbandes, der dort um keinen Preis den Straßenverkehr gestört sehen wollte, auf schwachen Füßen. Denn ob der Tunnel vorgetrieben werden kann, ohne die darüberliegende Straße aufzureißen, wie der Präsident des Geschäftsverbandes hofft, fragt sich. Ums Geld allein kann es auch nicht gehen: schon die Ringbahn zur Erschließung von Kirchberg und Flughafen wird mit 15 Milliarden Franken Baukosten veranschlagt und wäre damit teurer als die erste Ausbaustufe der Regionaltram mit 13,7 Milliarden, wenngleich die noch keinen Anschluss zum Flughafen vorsah. Dass die Findel-Kirchberg-Bahn sozioökonomisch nützlich ist, steht für ihre Verfechter jedoch anscheinend außer Frage.
Wohlgemerkt: die Basler-Studie verwirft das Regionaltram-Projekt keineswegs als unsinnig, sondern erklärt es sogar für volkswirtschaftlich eindeutig vorteilhaft, falls die "Strukturdaten" Einwohnerzahl, Zahl der Arbeitsplätze und Besiedlungsgrad sich derart weiterentwickeln wie bisher. Die Planung von Straßen trägt diesen Wachstumserwartungen schon heute Rechnung, die des öffentlichen Transports viel weniger. Das alte Lied.