Ob die außenpolitische Erklärung am Dienstag seine letzte war, weiß LSAP-Minister Jean Asselborn vielleicht selbst nicht. Denn das hängt nicht nur von ihm, sondern auch vom Ausgang der Wahlen ab. Der außenpolitische Sprecher der CSV, Laurent Mosar, gab sich jedenfalls am Mittwoch versöhnlich, als sei er schon bereit, Asselborns Nachfolge in der viel beschworenen Kontinuität anzutreten. Beide teilten in ihrem immer etwas großspurigen Galopp über mehrere Kontinente ihre Zukunftsangst: Der Außenminister fürchtete, dass die Konstruktion der multilateralen Beziehungen, die für Luxemburg eine Notwendigkeit seien, „Gefahr läuft, einzustürzen“, und der CSV-Politiker wähnte „die Welt aus den Fugen“, auch wenn er das Zitat dem großen englischen Dramatiker Peter Scholl-Latour zuschrieb.
Selbstverständlich hat das Großherzogtum außenpolitisch wenig Spielraum, wie andere Zwergstaaten von Grenada bis zu Luxemburgs ehemaligem „strategischen Partner“ Katar feststellen mussten. Deshalb ist die Außenpolitik eine konstante Mischung aus multilateraler Bündnispolitik in der Europäischen Union oder der Nato und bilateralen Geschäftsbeziehungen, denen sich kein Minister entziehen kann, selbst wenn er sich im Laufe der Jahre so viel eigenen Spielraum herausschlägt wie Jean Asselborn. Schließlich gehört er schon heute mit Paul Eyschen, Joseph Bech und Jacques Poos zu den Außenministern mit der längsten Amtszeit in der Luxemburger Geschichte.
Kritisch wird es jedoch, wenn das Regelwerk von multi- und bilateralen Beziehungen durcheinandergebracht wird, wenn die europäischen Partner Luxemburg plötzlich als Steuerparadies ächten, die Führungsmacht USA nicht mehr richtig führen will oder der Regierungswechsel in einem Nachbarland die persönlichen Beziehungen kappen, die gehegt und gepflegt werden, um ein wenig das fehlende diplomatische Gewicht auszugleichen.
Außenpolitische Meinungsverschiedenheiten werden deshalb mit niedriger Intensität ausgetragen, meist sogar, wenn über einen Kriegseinsatz entschieden werden soll. Nicht immer ist klar, wer Europapolitik macht, der Premier, manchmal der Außenminister oder notfalls die ständige Vertretung in Brüssel. Vielleicht auch der Finanzminister, wie Xavier Bettel soeben erfahren musste, als er sich vom EU-Kommissar Pierre Moscovici belehren lassen musste, dass Pierre Gramegna sehr wohl das kritische Gutachten zum Europäischen Semester besaß.
Dabei hatte auch Xavier Bettel sich in der Außenpolitik versucht, etwa mit der Ankündigung eines „G-9“ der europäischen Kleinstaaten. Oder als er beinahe hinter dem Rücken seines Außenministers Israel einen Besuch abstattete. Denn während der Außenminister immer wieder die Unterdrückung der Palästinenser zur Sprache bringt, hegen CSV, DP und ADR eher Sympathien für die sehr rechte Regierung in Jerusalem.
Der Meinungsunterschied zwischen Regierung und Opposition bestehe eher in der Form als im Inhalt, meinte Laurent Mosar. Er fand es „nicht immer glücklich“, wie der Außenminister ausländische Politiker in den Medien abkanzele, auch seine Auftritte in deutschen Talkshows seien „nicht immer zielorientiert“. Womit der christlich-soziale Geschäftsanwalt sich möglicherweise zum Sprecher von Kritiken aus Unternehmerkreisen machte, laut denen Jean Asselborn die Finanzbranche nicht bedingungslos genug verteidige und potenzielle Geschäftspartner brüskiere, zuletzt wenn er US-Präsident Donald Trump eine mangelhafte Konzentration von Verstand bescheinigt. Aber der Minister bestand darauf, dass „Diplomatie, im Gegensatz zu dem, was oft geglaubt wird, nicht die Kunst ist, um den heißen Brei herumzureden“.