Die Reform der Bezuschussung der Religionsgemeinschaften beschränkt sich nicht nur auf die jährlichen Barzuwendungen. Die Konvention mit dem Staat sieht auch einen vielfach höheren Transfer von Aktiva vor. In einer der – neben der Urbanisierung des Kirchbergs und Belvals – größten Immobilientransaktionen seit Kriegsende sollen Hunderte Kirchen und Kapellen samt ihren Grundstücken, aber auch andere, durch Erbschaften den Kirchenfabriken vermachte Immobilien, kostenlos und steuerfrei einem durch Gesetz zu schaffenden und vom Erzbistum verwalteten Fonds de le gestion des édifices religieux du culte catholique übertragen werden.
Doch wem gehören diese Immonilien derzeit, wer läuft Gefahr, auf diese Weise enteignet zu werden? Während der Verhandlungen mit dem Erzbistum gab die Regierung die Losung aus, dass die Besitzverhältnisse der Sakralbauten „unklar“ seien und das Erzbistum über bessere Juristen als das Kultus- und das Justizministerium verfüge, um seine Ansprüche in einem angeblich unentwirrbaren Gestrüpp napoleonischer Dekrete zu verteidigen.
Auch der vom ehemaligen Kultusminister François Biltgen (CSV) bestellte Expertenbericht ging 2012 nicht weiter auf diese Vermögenswerte von Hunderten von Millionen ein. Eher beiläufig spricht er jedoch von einem „héritage historique; celui-ci a donné aux communes la propriété de la plupart des bâtiments affectés au culte catholique et la charge de leur entretien“ (S. 72). Danach würden hinter der Fassade der von ehrenamtlichen Gläubigen betriebenen Kirchenfabriken die Gemeinden in großem Maßstab durch Gesetz enteignet. Fast wie eine historische Revanche für das revolutionäre Dekret vom 2. November 1789 über die Biens nationaux; Generalvikar Erny Gillen meinte schon diese Woche, wir kämen wieder zu „vornapoleonischen Verhältnissen“.
Dem geplanten Fonds sollen nicht nur die Kirchen und Kapellen überschrieben werden, er soll auch die Wohnhäuser, Wiesen und anderen Vermögenswerte erhalten, welche die Kirchenfabriken im Laufe der vergangenen zwei Jahrhunderte von treuen Kirchgängern vererbt bekamen, um Heizöl, Kerzen und Hostien zu kaufen. Der Regierung ging es vor allem darum, dass der Fonds für den Unterhalt der Gebäude und Reparaturarbeiten aufkommt und auch die Schulden verschiedener Kirchenfabriken übernimmt. Durch die Überschüsse reicherer Pfarreien sollen die Verluste anderer solidarisch ausgeglichen werden, statt dass, wie derzeit, die Gemeinden für diese Kosten und Defizite aufkommen müssen. Die Verwaltung der Kirchen in den Pfarreien sollen weiterhin die lokalen Kirchenfabriken übernehmen.
Der Konventionsentwurf sieht vor, dass die Gemeinden und Kirchenfabriken bis 2017 entscheiden sollen, welche Kirchen und Kapellen für Kultzwecke an den Fonds gehen sollen und welche mangels Kirchgänger im Gemeindebesitz bleiben sollen, um entweiht und anderen Zwecken zugeführt zu werden. Der Fonds kann auch ihm übertragene Kirchen und Kapellen verkaufen. Allerdings sollen die Gemeinden und der Staat über ein Vorkaufsrecht für einen symbolischen Euro verfügen – wenn fromme CSV-Minister und -Bürgermeister dann darauf bestehen.