In der Stellungnahme des Schöffenrats der Stadt Luxemburg (d’Land, 29.01.2016) zu meinem Artikel „Unerfüllte Versprechen“ vom 22.01.2016 wird die Summe der von Enovos/Creos an die Stadt im Zeitraum 2011 bis 2015 gezahlten Dividenden mit 48,5 Millionen Euro angegeben. Wegen eines neuen Kontenplans ab dem Gemeindehaushalt 2013 hatte ich mich in meinem Artikel auf drei Haushaltsjahre (2013 bis 2015) beschränkt und nur 27,7 Millionen Euro Dividenden berechnet. Auf diese zeitliche Einschränkung hätte ich nicht nur in meinem Text, sondern auch in der beigefügten Tabelle hinweisen müssen. Trotzdem bleiben auch 48,5 Millionen Euro Dividenden innerhalb von fünf Jahren bescheiden, gegenüber den 24,2 Millionen Euro Gewinn beim kommunalen Elektrizitäts- und Gaswerk allein im Jahr 2001, vor der Gründung der Leo S.A.
Die Senkung des jährlichen Enovos-Strompreises, von 801 Euro im Jahre 2015 auf 760 Euro ab Ja-nuar 2016 für einen Zwei- bis Dreipersonenhaushalt, ist natürlich eine gute Nachricht. Auch wenn dies eher dem Öl- und Gaspreisverfall als der erfolgten Privatisierung zuzuschreiben ist, bleibt dieses Argument de bonne guerre.
Dies gilt aber nicht für die Argumentation dieser Stellungnahme betreffend Einnahmen und Investitionen!
Man kann nämlich nicht einerseits den Wegfall der Personal- und Investitionskosten ins Fenster stellen und andererseits den Verlust von 30 Prozent der Einnahmen der Stadt infolge des Verkaufs der Stadtwerke einfach ignorieren.
Investitionen müssen bei jedem Unternehmen im Preis berücksichtigt werden, sonst wird für die Zukunft nicht vorgesorgt. Deshalb wären auch unter Gemeindeführung die 91,5 Millionen Euro Investitionen der letzten fünf Jahre in die Energienetze der Stadt aus den Einnahmen des Elektrizitäts- und Gasgeschäfts finanziert worden. Übrigens wurde diese Summe erst Anfang dieses Jahres, also mehr als fünf Jahre nach der erfolgten Privatisierung, publiziert, und dies auch nur auf die gezielte Frage eines Gemeinderats hin. Wo bleibt da die Transparenz?
Man kann dem Argument nur zustimmen, es sei im Interesse der Gemeinde, dass Enovos und ihre Tochtergesellschaft Creos nicht zu hohe Dividenden ausschütten, damit sie die notwendigen Investitionen vornehmen können. Allerdings darf dann auch nicht übersehen werden, dass infolge der Privatisierung ein Teil der ausgeschütteten Gewinne an Privataktionäre geht und so der Allgemeinheit entzogen wird. Ohne diese private Beteiligung wären die Einnahmen und Gewinne insgesamt an die Gemeinde gegangen und sie allein über ihre Nutzung entscheiden können! Gleichzeitig hätte die Stadt ihre Energiepolitik weiterhin selbst bestimmen können, sowohl in ökologischer wie in sozialer Hinsicht. Sie hätte problemlos über die gewünschten Informatio-nen betreffend den Energieverbrauch verfügt und das Personal wäre in Gemeindehand geblieben.
Zudem: Bei einer Rendite von derzeit 7,6 Prozent, die mittelfristig vom Institut luxembourgeois de régulation (ILR) festgelegt wird, bleibt der Netzbetrieb eine sehr rentable Aktivität in einem abgesicherten Umfeld. Schon allein deshalb ist es unverständlich, dass die Stadt Luxemburg ihre Energienetze ausgelagert und so privaten Anlegern Zugang zu dieser Rendite verschafft hat. Hätte sie ihre Netze behalten und, wie die Stadt Esch/Alzette, an eine hundertprozentige Tochtergesellschaft vermietet, hätte sie dafür einen Pachtzins erhalten. Bei einem Ende 2010 geschätzten Wert der städtischen Netze von 186 Millionen Euro, würde die Miete zu 7,6 Prozent mehr als 14 Millionen Euro pro Jahr betragen. Allein dies hätte der Stadt in den letzten fünf Jahren etwa 70 Millionen Euro eingebracht – neben dem Gewinn der hundertprozentigen Tochtergesellschaft, der nach Rücklagen an die Gemeindekasse geflossen wäre. Dem gegenüber ist die Miete von 6,5 Millionen Euro, die Enovos/Creos seit 2011 für die Leo-Büros an die Stadt gezahlt hat, ein Pappenstil.
Es ist an der Zeit, wirkliche Transparenz walten zu lassen und alle Zahlen auf den Tisch zu legen!