Obwohl die ersten Jugendlichen im November in den Sicherheitstrakt in Dreiborn einzogen, sind weiterhin Minderjährige im Erwachsenengefängnis eingesperrt, angeordnet durch das Jugendgericht.
Das überrascht nicht. Jugendrichter und Staatsanwaltschaft hatten in der Vergangenheit vehement von der Politik gefordert, an der Inhaftierung von Minderjährigen in Schrassig als ultima ratio festzu halten, sie wollen auf dieses Erziehungsmittel partout nicht verzichten. „Auf keinen Fall“ dürfe eine geschlossene Jugendanstalt in Dreiborn die Unterbringung im Erwachsenengefängnis ersetzen, schrieben sie im gemeinsamen Gutachten zur Unité de securité im Juni 2014. In Ausnahmefällen, darauf bestanden sie, sollte eine Jugendhaft in Schrassig erlaubt bleiben.
Dabei war die geschlossene Jugendanstalt in Dreiborn ursprünglich als Ersatz für Schrassig gebaut worden und hatte die blau-rot-grüne Regierung selbst die Modernisierung des Jugendschutzes als „Priorität“ angekündigt. Die Reform liegt immer noch nicht vor. Seit Jahrzehnten wird Luxemburg vom Antifolterkomitee des Europarats und Kinderrechtlern scharf kritisiert, weil es Minderjährige im Erwachsenengefängnis einsperrt, wissend, dass dort geeignete Infrastrukturen fehlen, um sie adäquat zu betreuen und auf ein Leben ohne Delinquenz vorzubereiten.
Wer also gedacht hatte, mit der Eröffnung der Unité de securité wäre es vorbei mit den Negativschlagzeilen, liegt falsch. Dabei ist der Trakt nicht einmal vollbelegt, sondern bloß zu einem Drittel. Auch Sicherheitsaspekte können kein Grund sein; der Direktor von Dreiborn hält seine Anstalt für delinquente Jugendliche für „angemessen sicher“; im Motivenbericht zur Unisec stand, deren Sicherheitsparameter seien „identisch“ mit denen des Regelstrafvollzugs. Fragt sich also, welche schweren Jungs in Schrassig sitzen und welche sinnvollen Aktivitäten ihnen bleiben, jetzt, da Freizeitmaterial und erzieherisches Personal nach Dreiborn abgezogen wurden? Was hat ihre Haft in Schrassig mit Jugendschutz und Kindeswohl zu tun?
Wie es scheint, hat Justizminister Félix Braz den Kampf verloren (wenn er ihn denn jemals ernsthaft geführt hat) und kann offenbar inzwischen damit leben, dass Luxemburg Jahr um Jahr international bezüglich der Einhaltung von Kinderrechten kritisiert wird. Die Reform des neuen Jugendschutzgesetzes soll demnächst im Regierungsrat grünes Licht bekommen, und auch die Jugendrichter? Dieselben Jugendrichter und Staatsanwälte waren übrigens dagegen, die Einführung eines Jugendstrafrechts auch nur anzudenken.
Das zeugt nicht nur von politischer Schwäche, denn der Grüne Braz hatte es wie kein anderer in der Hand, die entsprechende Rechtsgrundlage zu ändern und die traurige Praxis ein für alle mal abzustellen. Ausgerechnet jene Richter, die sich sonst jegliche politische Einmischung verbieten und direkt forsche Stellungnahmen schreiben, sobald sie auch nur den Hauch eines Verdacht einer solchen Einmischung haben, hätten sich dann durchgesetzt. Es ist auch sachlich fragwürdig. Wenn es wirklich um den Jugendschutz geht, wie ist dann eine Unterbringung in einem halb leeren Jugendtrakt ohne entsprechende Betreuung zu rechtfertigen?
Noch bemerkenswerter an dem Trauerspiel ist eigentlich nur noch, dass derjenige, der Jugendliche qua Amt vertreten und über die Einhaltung ihrer Rechte wachen soll, der Kinderrechtsbeauftragte René Schlechter, wohl um die eingesperrten Jugendlichen weiß – sich jedoch bis heute nicht zu ihrer misslichen Lage geäußert hat.