Dienstag war eigentlich kein schlechter Tag. Da sind bloß drei Minister umgefallen. Am Vormittag versprach Erziehungsminister Claude Meisch (DP) dem SNE, der Lehrergewerkschaft der CGFP, dass künftig drei statt vier Jahre Studium genügen, um zum Auswahlverfahren zugelassen und Grundschullehrer werden zu können. Auch das Praktikum soll von drei auf zwei Jahre verkürzt werden, wenn die angehenden Lehrer vier Jahre studiert haben. Auf diese Weise will der Minister den von ihm bisher meist heruntergespielten Lehrermangel in den Grundschulen verringern. Exit die guten Gründe, mit denen Anne Brasseur (DP) einst die Ausbildung verlängert und Claude Meisch (DP) die Verlängerung des Praktikums umgesetzt hatte, etwa die durch die Vielsprachigkeit entstehenden steigenden Anforderungen an den Beruf.
Am Nachmittag erklärte dann Familienministerin Corinne Cahen in ihrer Eigenschaft als DP-Präsidentin überraschend, dass das dreijährige Praktikum im öffentlichen Dienst auf ein Jahr gesenkt werden soll. Es ist das Herzstück der gerade zwei Jahre alten von der CSV ausgehandelten, von DP, LSAP und Grünen umgesetzten Reform des Beamtenstatuts, mit dem die von Handel und Handwerk geforderte Senkung der Einstiegsgehälter im öffentlichen Dienst auf 80 bis 90 Prozent durchgesetzt worden war. Die Gründe für diesen binnen weniger Wochen vollzogenen Meinungsumschwung wollte die Ministerin lieber nicht öffentlich nennen.
Der Minister des öffentlichen Dienstes, Dan Kersch (LSAP), fühlte sich zum zweiten Mal von der Kollegin DP-Präsidentin hereingelegt. So dass er beschloss, gleich anderntags anzukündigen, wie in der Privatwirtschaft den einmonatigen Stillurlaub für Mütter im öffentlichen Dienst zum zweimonatigen Mutterschaftsurlaub nach der Geburt zu schlagen, auch für Beamtinnen, die nicht stillen. Um keine Zeit zu verlieren, will der einer DP-Präsidentin nicht nachstehende Minister auf eine Gesetzesänderung verzichten. Deshalb machte er eine junckersche Interpretationsdifferenz im bestehenden Text aus, der nun einfach zugunsten der Beschäftigten interpretiert wird. Eine Änderung des Textes könnte später nachgereicht werden, wenn das noch jemand interessieren wird.
Der Dienstag war eigentlich kein schlechter Tag, besonders für den öffentlichen Dienst. Denn jedes Mal, wenn ein Minister umgefallen ist, dann in Richtung des öffentlichen Dienstes. Dem gelingt es offenbar besser, die Panik der Regierungsparteien und vor allem der DP vor den herannahenden Wahlen zu schüren und sie bereits zu Zugeständnissen vor den Wahlen zu bewegen. Die Versprechen für die Privatwirtschaft, beispielsweise einer Mindestlohnerhöhung um 100 Euro monatlich durch die LSAP, sollen alle erst nach den Wahlen umgesetzt werden, wenn überhaupt.
Man kann manche der etwas überstürzt angekündigten Reformen für durchaus vernünftig halten, auch wenn es sich um Reformen jener Reformen handelt, die bisher ebenso leidenschaftlich von denselben Politikern gerechtfertigt worden waren, die nun vor laufenden Kameras ihre Wahlprogramme zu improvisieren scheinen. Und vielleicht beschleunigt sich der politische Winterschlussverkauf noch in den kommenden Wochen und Monaten. Denn während sich die Grünen unbeirrbar auf die ihren Wählern lieben Umwelt- und Transportressorts konzentrieren, wächst bei DP und LSAP die Angst, dass der jeweils andere Koalitionspartner als erster einer interessanten Wählergruppe nachgibt. Gleichzeitig können sie sich alle einen Spaß daraus machen, dass die Oppositionspartei CSV sich als moralinsaurer Sparapostel aufspielt und es so den Regierungsparteien überlässt, den Wählern das Blaue vom Himmel zu versprechen. Aber das Wahlprogramm der CSV ist ja noch nicht im Druck.