„Wir haben ein Logbuch, und das wird präzise geführt“, sagt Nico Meisch. Der Regierungsberater im Familienministerium ist zugleich Präsident der Überwachungskommission von Dreiborn und Schrassig, das heißt, er kontrolliert, gemeinsam mit Vertretern des Unterrichts- und des Justizministeriums, ob in den staatlichen Jugendheimen Dreiborn (für die Jungen) und Schrassig (für die Mädchen) alles rechtens ist.
Ist es nicht, hatte die Ombudsfrau Lydie Err in ihrem Inspektionsbericht über die Erziehungsheime vor zwei Wochen festgestellt – eine Kritik, die Meisch zumindest teilweise korrigiert wissen will. Dass Jugendliche nicht immer vorschriftsgemäß eine Stunde Ausgang bekämen, wenn sie aus disziplinarischen Gründen in eines der sechs Isolierzimmer gesperrt werden, liege daran, dass viele Jugendliche es vorzögen, „die Stunde in mehrere Einheiten aufzuteilen.“ Über das Logbuch ließe sich nachvollziehen, warum und wie lange ein Jugendlicher eingesperrt bliebe, in der Regel seien dies ein bis zwei Tage, so Meisch. Auch die Gründe nennt er: Oft waren die Betroffenen weggelaufen oder hatten Drogen genommen. Bevor sie in die Isolierhaft kämen, würden sie zu ihrem eigenen Schutz ärztlich untersucht: „Er prüft, ob die Jugendlichen gesundheitlich in Ordnung sind.“
Vier Kontrollgänge habe seine Kommission allein in diesem Jahr durchgeführt, so Meisch im Gespräch mit dem Land. In den Treffen mit der Direktion von Dreiborn und Schrassig geht es nicht nur um disziplinarische Maßnahmen für eingesperrte Jugendliche, sondern immer wieder vor allem auch um die Personalsituation. Sie war viele Jahre lang extrem angespannt – der boomende Betreuungssektor der Maisons relais heizte die Konkurrenz weiter an. „Seit einiger Zeit ist die Personalsituation einigermaßen stabil“, sagt Meisch, der ausdrücklich unterstreicht, Erzieher würden in der Regel in Dreiborn arbeiten, „weil sie es wollen“. Erst im Sommer waren weitere Erzieher-Stellen ausgeschrieben worden; die staatliche Personalverwaltung komme Ministerium und Heimen bei der Einstellungsprozedur, so weit möglich, entgegen.
Außer auf den erneuerten Sportstrukturen ist Meisch insbesondere auf das schulische Angebot stolz: Durch neue Schulräume sei man in der Lage, den Schülern ein kontinuierliches Angebot zu bieten, in einer eigenständigen Struktur. Im Bericht der Ombudsfrau kommentiert die erfreuliche und überfällige Verbesserung, um die mühsam gerungen werden musste, knapp: „Les cours scolaires, ainsi que les ateliers, (...) , semblent bien fonctionner et n’appellent pas d’observations particulières“.
Obwohl die Kommission die Berichterstattung in den Medien als „zu einseitig“ kritisiert, begrüßt sie den Bericht der Ombudsfrau. „Sonst interessiert sich die Presse herzlich wenig für die Jugendlichen von Dreiborn“, so ein Kommissionsmitglied. Auch an der geschlossenen Einrichtung, der Unisec, gibt es auch intern Kritik. In ihrem Kontrollbericht hatte die Ombudsfrau vorgeschlagen, das Heimangebot neu zu ordnen und eine Struktur mit maximal 40 bis 45 Plätzen zu schaffen, die ausschließlich straffällige Jugendliche betreut, und zudem das Betreuungs- und Therapieangebot stärker zu differenzieren.
Dass die Unterbringung ganz unterschiedlicher Profile – vom notorischen Schulschwänzer über Drogenabhängige bis hin zum Mehrfach-Gewalttäter– in Dreiborn und Schrassig problematisch ist, gibt Nico Meisch offen zu. „Aber wir haben im Moment keine andere Unterbringungsmöglichkeit.“ Mit der Unisec wird die Problematik nicht unbedingt einfacher: Da die Plätze per Gesetz auf zwölf limitiert sind, und Mädchen und Jungen getrennt untergebracht werden sollen, wird eine differenzierte Herangehensweise zur erzieherischen Herausforderung. Im Frühjahr soll die geschlossene Abteilung aufgehen, und schon jetzt gilt sie als zu klein. „Über kurz oder lang werden wir uns Gedanken über alternative Angebote machen müssen“, ist sich Nico Meisch sicher.
Peter Feist
Kategorien: Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, Forschungspolitik, Jugend, Lebensniveau, Sozialpolitik
Ausgabe: 12.10.2012