DSL-Anschlüsse

Welche Breitbandstrategie für Luxemburg?

d'Lëtzebuerger Land du 13.06.2002

Es ist zu hoffen, dass die Neustrukturierung der Breitband-Aktivitäten von SES Astra, in Partnerschaft mit  Gilat, dem israelischen Pionierunternehmen für interaktive Breitbanddienste via Satellit und dem Satellitenhersteller Alcatel Space, unter dem Namen SatLynx und der bewährten Führung von Yves Elsen, die Diskussion in Luxemburg über eine geeignete Breitbandstrategie beleben wird. Die in Cannes angekündigte Gründung von SatLynx, die die Nachfolge von SES Multimedia antreten wird, hat zwar keine unmittelbare Relevanz für Luxemburg und seine Kommunikationsbedürfnisse, besonders in Hinblick auf schnelle und preiswerte Internet-Zugänge. Aber dennoch könnte diese Initiative anregend und ansteckend wirken.

SES Global-Chef Romain Bausch und SES Astra-Chef Ferd Kayser kündigten in Cannes die Marschroute an. SES Global und SES Astra, die für das europäische Marktsegment zuständig ist, setzen große Hoffnungen auf den gegenwärtig bei Alcatel Space in der Endphase fertiggestellten Satelliten Astra 1K, der im August ab Baikonur von einer russischen Proton-Rakete in seine geostationäre Umlaufbahn gebracht werden soll. Dieser Satellit hat es in sich. Nicht nur handelt es sich um den bisher größten Fernmeldesatelliten. Er verfügt auch in seinem Pay Load über genügend  Kapazität, um  interaktive Kommunikationen zu gestatten (im so genannten Ka-Frequenzbereich), was eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass satellltengestützte Kommunikationswege endlich gleichziehen können mit ihren terrestrischen Konkurrenten, die auf der DSL-Technologie beruhen. DSL steht für Digital Subscriber Line und wird in mehreren Varianten angeboten. Allen ist gemeinsam, dass sie preisgünstige und schnelle Internetverbindungen zulassen, augenblicklich der Renner schlechthin, im Telekommunikationsgeschäft.

Obwohl die Betzdorfer Firma im Jahr 2005 bis zu dreißig Prozent ihres Umsatzes aus Internetverbindungen, die auf Hochgeschwindigkeit beruhen, bestreiten will (gegenüber gegenwärtig rund sieben Prozent für SES Astra), ist man sichtlich darum bemüht, seinen erdgestützten Konkurrenten nicht auf den Schlips zu treten. Yves Elsen machte geradezu beschwichtigend darauf aufmerksam, dass das Angebot via Satellit sich in erster Linie an all diejenigen richtet, die in nächster Zukunft nicht in den Genuss von Kabelanschlüssen oder DSL-Angeboten kommen, die Voraussetzungen für schnelle Internetverbindungen. Immerhin ein Marktpotential von mehr als sieben Millionen Kunden im Einzugsbereich der Astra-Satelliten.

Unter Telekommunikationsexperten ist umstritten, inwiefern Satelliten überhaupt eine ernstzunehmende Herausforderung  für erdgestützte Alternativen darstellen, die von Fibre-to-the home ( FTTH),  Asymmetric digital subscriber line (ADSL), Hybrid Fibre Co-Ax (HFC) und Fixed Broadband Wireless Access (FBWA) reichen, ganz zu schweigen  von Wireless Local Loop (WLL). Die SES-Strategen gehen davon aus, dass die Fortschritte ihrer terrestrischen Konkurrenten nicht so zügig vonstatten gehen, wie das ursprünglich geplant war, angesichts des Kampfes um die letzte Meile, der überall in Europa entbrannt ist und der jetzt die EU-Kommission auf den Plan gerufen hat. Das einheimische Post-  und Fernmeldeunternehmen EPT hat aber inzwischen verlauten lassen, dass die DSL-Anschlusswünsche seiner Kundschaft ohne allzu lange Wartezeiten erledigt werden und die Nachfrage fristgerecht bedient wird. 

Dennoch steckt diese Entwicklung in Luxemburg bei knapp 3000 DSL-Anschlüssen erst in den Kinderschuhen. Auf der Ebene der Kabelnetzbetreiber tut sich nur wenig, sieht man einmal ab von vereinzelten Initiativen, wie  die Partnerschaft zwischen Siemens und Eltrona im Rahmen von imagin, wo versucht wird, die bestehenden Kabelnetze breitbandtauglich zu machen. Der altenative Anbieter Cegecom, der sein eigenes DSL-Angebot entwickelt hat, ist bisher der einzige, der Ende des vergangenen Jahres ein Abkommen mit dem Post- und Fernmeldeunternehmen über die Zugangsbedingungen zu den Haushalten und Unternehmen abgeschlossen hat. Darum dreht sich allerdings die entscheidende Frage von fairen  Wettbewerbsbedingungen.

Der Zugang zu den Anschlüssen der Haushalte und Unternehmen oder, wie es im Fachjargon heißt, die Entbündelung des Ortsnetzes, die für die Entwicklung des Wettbewerbs bei Internet-Breitbandanschlüssen von entscheidender Bedeutung ist, kommt nur schleppend voran. Dies ist das Ergebnis einer Studie die von der EU-Kommission in Auftrag gegeben wurde. Neuanbieter, die für den Zugang zum Verbraucher auf die Netze der großen ehemaligen Monopolbetreiber angewiesen sind, beklagen sich bitter über die Hürden, die ihnen in den Weg gelegt werden, sowie über unfaire Bedingungen, auch in Luxemburg. Die Kommission forderte im März 2002 die EU-Mitgliedstaaten, die einzelstaatlichen Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden sowie die marktbeherrschenden Anbieter auf, die Konsequenzen zu ziehen und das Ihre dazu beizutragen, dass die Ziele der Entbündelung, die in einer Verordnung von Dezember 2000 festgelegt wurden, erreicht werden. Die Kommission, die bereits im Dezember im Zusammenhang mit der Verordnung Vertragsverletzungsverfahren gegen einige Mitgliedstaaten, darunter Luxemburg, eingeleitet hatte, erwägt jetzt Maßnahmen gegen jene Unternehmen, die ihre beherrschende Stellung missbrauchen.

Der Kampf um die letzte Meile, auch als Entflechtung des Ortsnetzes umschrieben, ist die letzte Etappe der in den neunziger Jahren eingeleiteten Liberalisierung des europäischen Telekomsektors. 

Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass Neuanbieter, die Kupferkabelleitungen von den ehemaligen Monopolbetreibern für ihre eigenen Leistungen (insbesondere Breitbandleistungen) an Endverbraucher mieten wollen, sich zweierlei Problemen gegenübersehen: zum einen Problemen bezüglich Tarife und Kosten, die mit den mangelhaften wirtschaftlichen Konditionen der Entbündelung in ganz Europa zusammenhängen, und zum anderen angesichts des Widerwillens der marktbeherrschenden Betreiber, ihre Anlagen und Einrichtungen für die Konkurrenten zu öffnen. Besonders strittig scheinen die Konditionen für die gemeinsame Nutzung von Anlagen zu sein. Neuanbieter beklagen hohe Mietgebühren, den Zwang, eigene Räumlichkeiten für ihre Ausrüstung einzurichten usw. Die wirtschaftlichen Folgen einer Kombination von teuren Kollokations-Konditionen und hohen Gebühren für einmalige Leistungen (Aktivierung/Deaktivierung entbündelter Leitungen) sind eindeutig und haben bereits eine Reihe von Betreibern aus dem Markt gedrängt oder veranlasst, nicht im Privathaushalt-Segment tätig zu werden. Zahlreiche Neuanbieter beklagen sich ferner über Dumpingpreise. Nach Auffassung der Autoren der Studie könnten die meisten von den Neuanbietern angeführten Probleme auf Wettbewerbsverstöße zurückzuführen sein. 

Der entbündelte Zugang zum Teilnehmeranschluss entweder durch vollständige Entbündelung oder gemeinsamen Zugang wurde durch eine Verordnung vom Dezember 2000 in der EU vorgeschrieben. Kollokation besteht im Wesentlichen aus dem Mieten von Raum (jeder Neuanbieter benötigt etwa 10 Quadratmeter für den Aufbau eigener Anlagen) im Hauptverteiler des alten Monopolbetreibers und dem Zugang der Mitarbeiter von Neuanbietern zu dessen Räumlichkeiten. Nach der Entbündelungsverordnung dürfen alternative Telekommunikationsanbieter somit ihre eigenen Schalt- und sonstigen technischen Anlagen in den Räumlichkeiten der großen Betreiber installieren. Die Kollokation ist für die Verwirklichung des freien Zugangs zum Teilnehmeranschluss unerlässlich.

Man darf gespannt sein, wie diese  Schlacht um die letzte Meile, die einer vollständigen Liberalisierung im Wege steht, in Luxemburg ausgefochten wird. Der Fortschritt der Liberalisierung hängt wesentlich davon ab, setzt aber voraus, dass andere alternative Anbieter auf den Plan treten und ihr Recht einklagen

Mario Hirsch
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