Während ihrer gestrigen Zusammenkunft mit Gewerkschafts- und Unternehmervertretern erzählten die Minister von den „verschiedenen Pisten, welche die Regierung geplant hat“, so Premier Xavier Bettel, um trotz des Steuerausfalls beim elektronischen Handel bis zum Ende der Legislaturperiode einen ausgeglichenen oder sogar überschüssigen Staatshaushalt aufzuweisen. Unter der Bedingung, dass es nach der Zeitungsmeldung von der Kindergeldsteuer zu keinen weiteren Indiskretionen, modisch „Leaks“ genannt, kommt, versprach der Regierungschef den Sozialpartnern, ihnen noch vor seiner Haushaltserklärung Mitte nächsten Monats kurz „den Input zu geben, den wir zurückbehalten konnten oder nicht“.
Die Wortwahl erinnert an den unverbindlichen Abschluss eines Bewerbungsgesprächs. Schon vergangene Woche hatte Xavier Bettel betont, dass die Regierung „ihre Verantwortung übernehmen“ wolle, statt mit den Sozialpartnern im Detail über ihr Sparpaket diskutieren oder gar mit ihen darüber verhandeln zu wollen, wer die Hunderte Millionen Euro teuere Rechnung zahlen soll. Dies ist die neue Form des Sozialdialogs. Um sie korrekt zu bewerten, liegt ein Vergleich mit dem Sozialdialog unter der CSV/LSAP-Koalition nahe.
Die vorige Koalition aus CSV und LSAP wollte nicht bloß Unternehmer und Gewerkschaften über ihre Sparpakete „briefen“ und sich ihre Meinung anhören. Sie versuchte vielmehr, mit der Tripartite ein Abkommen über ihre Sparpakete auszuhandeln, bei dem durch einige Zugeständnisse hier und dort die Sozialpartner vor ihren Mitgliedern und den Wählern die Regierungspolitik mittrügen. Dass sie am Ende dabei scheiterte, lag weniger an der mangelnden Vorbereitung oder der Lustlosigkeit von Premier Jean-Claude Juncker als am fehlenden Geld, mit dem Gegenleistungen hätten finanziert werden können, die ein Einverständnis für jeden interessant gemacht hätten. So lag die Tripartite bald in ihren letzten Zügen, ein Umstand, den die Regierung in den Folgejahren noch mit der einen oder anderen „Bipartite“ zu vertuschen versuchte.
Weil sich die Kassenlage nicht verbessert hat, macht die ökosozialliberale Koalition keine Anstalten, die Sozialpartner an wirtschaftspolitischen Entscheidungen zu beteiligen oder gar die Tripartite wiederzubeleben. Auch wenn sie nun vorübergehend mit einigen Arbeitsgruppen vertröstet werden, die zu den bereits bestehenden Hauts comités für diese und jene Branche hinzukommen. Statt im Rahmen des Sozialdialogs die Gewerkschaften und Unternehmer für ihre Haushaltspolitik zu gewinnen, kaufte die Regierung lieber bei einer Werbeagentur eine publikumswirksame Vorführung ihres Sparpakets für den 14. Oktober.
Die Powerpoint-Politik hat ihre Parallele in der Einstellung von Unternehmensberaterfirmen für die Vorbereitung des „Staatshaushalts der neuen Generation“, während das Parlament immer noch auf die für Ende des Frühjahrs versprochene Einbindung in die Vorbereitung der „kopernikanischen Wende“ der Finanzpolitik wartet. Immerhin ist es laut Artikel 104 der Verfassung weder die Regierung, noch eine Unternehmensberaterfirma oder eine Werbeagentur, sondern die Kammer, welche das Haushaltsgesetz verabschiedet und somit auch über die neue Prozedur und Aufstellung des Budgets entscheiden müsste. Das neue Luxemburger Modell von DP, LSAP und Grünen ersetzt den Dialog durch Kommunikation – wie in der Wirtschaft euphemistisch Werbung und in der Politik Propaganda genannt werden. Nachdem der Unternehmerdachverband UEL kurzfristig seine Stellungnahme absagte, darf man also gespannt sein, ob im Anschluss an die gestrige Zusammenkunft wenigstens der OGBL, wie 2010, wieder auf die „offene Tripartite“ zurückgreift.