Die Depotbank im Fokus der Regulierung

Wandel im Geschäft

d'Lëtzebuerger Land vom 16.06.2011

Nach Jahren des Schattendaseins als wenig zur Differenzierung taugende Verwahr- und Kontrollinstanz, rückt die Depotbank zusehends in den Fokus der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und der Aufsicht.

Das Aufbrechen der Wertschöpfungskette im Asset Management und Produktinnovationen haben die Anforderungen und den Gestaltungsspielraum der Depotbank deutlich erhöht. Der Einsatz komplexer und strukturierter Produkte sowie Anlagen in Schwellenländer stellen immer neue Herausforderungen für die Depotbank dar.

Neben der rasant gestiegenen Komplexität in der gesamten Industrie, ist das für Luxemburg bedeutende Depotbankgeschäft in den Fokus der Regulierung gerückt. Eine Reihe von EU Initiativen sind gestartet worden, um die Aufgaben und Verantwortung der Depotbank zu konkretisieren und zu harmonisieren, die Effizienz der Verwahrung zu steigern, und letztendlich den Anlegerschutz weiter zu verbessern.

In einem ersten Schritt hat die Diskussion um die nicht einheitliche Interpretation der Depotbankfunktion und Verantwortung hinsichtlich OGAW (Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere; auch als Publikums- oder richtlinienkonforme Fonds bekannt) in der EU, die Ordnungspolitik auf den Plan gerufen, die Aufgaben und die Haftung der Depotbank dahingehend zu überprüfen.

Ein im Juli 2009 gestartetes Konsultationsverfahren der Europäischen Kommission hat noch einmal bestätigt, dass das regulatorisch definierte Aufgabenspektrum der Depotbank, welches weitestgehend auf der Grundlage der OGAW-Direktive aus dem Jahr 1985 basiert und seitdem fast unverändert besteht, aufgrund unterschiedlicher nationaler Interpretation in den Mitgliedsstaaten nicht einheitlich umgesetzt wurde.

Durch den Verband der Luxemburgischen Fondsindustrie (ALFI) wurden im September 2009 unverbindliche Empfehlungen ausgesprochen, sogenannte Best practices, welche im wesentlichen auf die Durchführung der Verwahrfunktion (Custody) der Depotbank eingehen; insbesondere auf die Auswahl und Überwachung eines geeigneten Sub-Lagerstellennetzes bei traditionellen Anlageklassen und das Monitoring der Kontrahenten bei nicht-traditionellen Anlageklassen, wie Derivaten und Bankguthaben mit Drittinstituten.

Die zweite Kernfunktion der Depotbank, die Überwachungs- und Kontrollfunktion (beispielsweise die Kontrolle des Nettoinventarwerts und der Anlagerestriktionen), wurde nicht adressiert.

Europaweit verbindliche und einheitliche Regelungen hinsichtlich der Depotbanktätigkeit sind bis dato noch nicht getroffen worden, da deren Notwendigkeit sich erst 2009 konkretisierte und zu diesem Zeitpunkt die Investmentfondsrichtlinie OGAW IV bereits soweit fortgeschritten war, dass eine Einbeziehung der Depotbankregulierung den Zeitplan für OGAW IV gefährdet hätte. Die OGAW-IV-Richtlinie, die zum 1 Juli 2011 umzusetzen ist, hat das primäre Ziel die Effizienz von Investmentfonds und deren Verwaltung zu steigern. Die Depotbank ist durch OGAW IV nur am Rande betroffen (siehe Seiten 10 und 11).

Die Europäische Kommission arbeitet bereits an einem Entwurf für die OGAW-V-Richtlinie, welcher auf eine weitere Verbesserung des Anlegerschutzes abzielt und neben der Depotbankregulierung das Thema der Vergütungsregelung für OGAW-Manager beinhaltet. Eine erste OGAW-V-Konsultation wurde bereits im Dezember 2010 durch die Europäische Kommission gestartet und ein erster OGAW-V-Richtlinienentwurf wird im zweiten Halbjahr 2011 erwartet.

Die OGAW-V-Richtlinie kann und wird sich bei der Gestaltung an das Regelwerk der Richtlinie für Alternative Investment Fund Managers (AIFMD) anlehnen. Die AIFMD-Richtlinie, die auch ein umfangreiches Regelwerk hinsichtlich der Depotbankfunktion beinhaltet, wurde am 11. November 2011 vom Europaparlament verabschiedet und muss nun voraussichtlich Mitte 2013 in nationales Recht umgesetzt werden. Der Anwendungsbereich der AIFM Richtlinie beschränkt sich nicht, wie der Wortlaut des Titel vermuten lässt, auf Private-Equity- und Hedge Fonds, sondern soll mit wenigen Ausnahmen alle nicht von der OGAW-Richtlinie erfassten Fondsmanager regulieren. Dies bedeutet, dass auch Manager von Fonds für institutionelle Anleger sowie diese Fonds (Spezialfonds), unabhängig von der Anlagestrategie, von der AIFM-Richtlinie erfasst werden. Die von der EU-Kommission angestrebte weitgehende inhaltliche Angleichung der OGAW-V- und AIFM-Richtlinie hinsichtlich der Depotbankfunktion ist grundsätzlich zu begrüßen.

Die folgenden Kernpunkte sind bereits von der AIFM-Richtlinie erfasst und werden von der OGAW-V-EU-Konsultation aufgenommen: Klärung der Verwahraufgaben bezüglich verschiedener Anlageklassen; Auflistung der Überwachungs- bzw. Kontrollaufgaben, die eine Depotbank in jedem Fall (ungeachtet der Gesellschaftsform des Fonds) durchführen muss; Anforderungen bei der Nutzung von Dritten zur Durchführung der Verwahrungsaufgaben; Haftung der Depotbank (ohne Ausnahmen wie sie unter bestimmten Umständen bei AIFMD im Falle von Schäden durch Drittverwahrer möglich sind); Umkehrung der Beweislast im Schadensfall zu Gunsten der Investoren; Zulassungsvoraussetzungen (unter anderem können voraussichtlich neben Kreditinstituten auch autorisierte Wertpapierunternehmen als Depotstelle agieren).

In der Vergangenheit wurde bereits häufiger die Notwendigkeit oder Vorteile eines OGAW-Depotbanken-Passes angesprochen. Eine Aufnahme des Depotbanken-Passes in die geplanten Änderungen des derzeitigen OGAW-Regelwerks im Rahmen von OGAW V ist aktuell nicht vorgesehen, so dass auch nach Umsetzung von OGAW V und AIFMD in Luxemburg aufgelegte Fonds eine Depotbank in Luxemburg beauftragen müssen.

Neben den Änderungen hinsichtlich den Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Depotbank, gibt im Bezug auf die Verwahrungsfunktion verschiedene europäische Harmonisierungsinitiativen, die zum Ziel haben, Transparenz, Sicherheit und Effizienz im Bereich des Wertpapierrechts und der Wertpapierabwicklung zu erhöhen. Dazu gehören insbesondere: Die European-Market Infrastructure-Verordnung (EMIR), die darauf abzielt, die G20-Beschlüsse zu größerer Transparenz im außerbörslichen Derivatehandel umzusetzen (regulatorischer Zwang zur verstärkten Abwicklung von Derivategeschäfte über zentrale Kontrahenten (CCP), regulatorische Anforderungen an CCP und Registrierungspflicht für außerbörslich abgewickelte Derivategeschäfte in einem zentralen Transaktionsregister); die Richtlinie über das Wertpapiergesetz (Securities law directive), die unter anderem die Art und Weise wie Wertpapiere verwahrt und übertragen werden, Rechte und Pflichten des Depotführers und Regelungen für den Fall der Insolvenz eines Verwahrers, vorsieht; Die CSD-Verordnung zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Regelwerks für Central Securities Depository (Wertpapierzentralverwahrer), insbesondere auch hinsichtlich des Dienstleistungsumfang; die Target2Securities-Initiative (T2S), durch die eine harmonisierte technische Plattform zur Abwicklung von Wertpapierabrechnungen in unterschiedlichen Währungen in Zentralbankgeld realisiert werden soll. Diese rechtlichen sowie technisch-operativen EU-Standardisierungsinitiativen, die voraussichtlich in den nächsten drei Jahren umzusetzen sind, werden Auswirkungen auf strategische Überlegungen, IT-Infrastruktur und Prozesse bei Depotbanken nach sich ziehen.

Die Auswirkungen der neuen Regelungen (primär OGAW V und AIFMD) auf die Depotbankbranche, beziehungsweise deren Reaktion, sind bis dato schwer abschätzbar. Durchaus vorstellbar ist, dass Depotbanken die Abdeckung bestimmter Märkte oder Finanzprodukte wegen bestehender Risiken und möglicher Haftungsfälle einschränken oder sich gar gänzlich aus dem Geschäft zurückziehen. Dies würde den allgemeinen Konsolidierungstrend in der Branche weiter verschärfen. Für die Depotbanken ist es essentiell, die neuen Regelungen genau zu analysieren und in effiziente und effektive Prozesse und Kontrollen umzusetzen, um bestehende Risiken zu minimieren.

Die Klärung und Erweiterung der Depotbankaufgaben für OGAW-, wie auch alternative Fonds ist grundsätzlich zu begrüßen, und wird helfen, den Anlegerschutz weiter zu verbessern und langfristig die Qualität und Reputation der verschiedenen Fondsprodukte zu erhöhen.

Auf der anderen Seite ist bei der Umsetzung darauf zu achten, dass es nicht zu einer Überregulierung kommt, welche die Produktkosten, die letztendlich vom Anleger zu tragen sind, unverhältnismäßig erhöht. Die Depotbankbranche analysiert und diskutiert bereits heute, mit welchen zusätzlichen Kosten die neuen Regelungen, insbesondere auch im Bereich der Haftung, verbunden sind. Und wie diese auf die Depotbankgebühren umzulegen sind.

Bernd Henninger ist Executive Director, Business Advisory Services bei Ernst & Young Luxembourg
Bernd Henninger
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