ZUFALLSGESPRÄCH MIT DEM MANN IN DER EISENBAHN

Heiße Ware

d'Lëtzebuerger Land du 28.02.2025

Für den Ukrainekrieg gab der Staat bisher aus: 246 Millionen Euro Militärhilfe, 21 Millionen humanitäre Hilfe, 187 Millionen zur Aufnahme von Flüchtigen. Rechnete Finanzminister Gilles Roth am 6. Februar auf eine parlamentarische Anfrage hin vor. Hinzukommen Ausgleichszahlungen für den Boykott russischen Erdgases: 2 905 Millionen Euro für „Energiedësch“, „Solidaritéispak“. Insgesamt kostete der Ukrainekrieg den Staat bisher 3,4 Milliarden Euro.

Wurden die 3,4 Milliarden sinnvoll investiert? Anfangs sollte der russische Aggressor besiegt werden. Mittels Waffen und Wirtschaftssanktionen. Die grüne Abgeordnete Stéphanie Empain versprach der Ukraine: „Mir wëllen Iech weiderhi mat Waffeliwwerungen ënnerstëtzen, [...] fir dass Dir dëse Krich gewanne kënnt“ (2.6.22).

Zwei Jahre später wartete der CSV-Abgeordnete Christoph Hansen noch immer auf den Sieg: „Wat se am Moment hunn, [...] geet awer net duer, fir dëse Krich ze gewannen.“ Im vollklimatisierten Plenarsaal rief Yves Cruchten (LSAP) zum Durchhalten auf: „A kommt, mir loossen eis och elo net an d’Ier féiere vun deene falsche Friddensapostelen, déi elo Verhandlunge fuerderen“ (27.2.24).

Seit zwei Jahren sind die Fronten festgefahren. Die USA wollen die Unkosten beenden. Sie haben Besseres zu tun. „The U.S. is prioritizing deterring war with China in the Pacific.“ Erklärte Verteidigungsminister Pete Hegseth am 12. Februar in Brüssel. „European allies must lead from the front.“

Die US-Regierung will sich mit der russischen auf ein Ende des Stellvertreterkriegs einigen. Die Stellvertreter dürfen zusehen. Sie billigt das russische Kriegsziel: eine neutrale Ukraine ohne Ostregion und Krim. Zur Durchkreuzung einer russisch-chinesischen Allianz bietet sie die eigene Freundschaft an.

Im November diskutierte die Chamber die Erklärung zur Außenpolitik. Zwei Wochen nach den Wahlen in den USA. Das Säbelrasseln wurde vorsichtiger. Xavier Bettel freute sich: Der Nato-Gipfel in Washington habe sich „drop gëeenegt, dass d’Zukunft vun der Ukrain och an der NATO ass“. Die US-Regierung „does not believe that NATO membership for Ukraine is a realistic outcome of a negotiated settlement”. Entschied Verteidigungsminister Hegseth.

„Luxembourg remains steadfast in its support for UA territorial integrity.“ Schrieb Xavier Bettel am Montag auf X. Der US-Verteidigungsminister entschied: „That returning to Ukraine’s pre-2014 borders is an unrealistic objective.“

Vielleicht werden die USA und Russland handelseinig. Die besitzenden Klassen freuen sich auf neue Russlandgeschäfte. Dann stehen Ministerinnen, Abgeordnete, Leitartiklerinnen vor einem neuen Dilemma: Sie müssen zugleich den „doux commerce“ mit dem „Ennemi“ loben und Angst vor ihm schüren. Auch wenn seine Armee 30 Kilometer vor Kiew stecken blieb.

Denn nach dem Krieg sollen Deeskalation, Diplomatie, Interessenausgleich verpönt bleiben. „Dat Eenzegt, wat zielt, dat ass Stäerkt weisen.“ Drohte CSV-Abgeordneter Claude Wiseler (17.5.22). Luxemburger Militarismus klingt putzig. Er hat das Lager gewechselt: Von den Rechtsextremen zur bürgerlichen Mitte und Sozialdemokratie.

Außenminister Bettel am 19. November: „Mir hunn eis als Regierung och derzou engagéiert, bis 2030 zwee Prozent vum RNB an d’Verteidegung ze investéieren.“ Drei Monate später wollte Premier Luc Frieden die Steuerzahler „mental drop virbereeden, datt an deenen nächste Joeren dat héchstwahrscheinlech och op éischter bei dräi Prozent sech situéiert wéi bei zwee Prozent“ (14.2.25).

Das entspricht einer Erhöhung von 1,6 auf 2,4 Milliarden Euro jährlich. 7,5 Prozent der Staatsausgaben. „Rüstungsaktien sind die neue heiße Ware“, titelte die FAZ am 18. Februar.

Romain Hilgert
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