Die erste Generation der Mobiltelefone wurde kaum wahrgenommen, dabei waren sie wahrlich nicht zu übersehen: Mit Gewichten im Kilobereich würden heutige Terminals sich wohl eher lächerlich machen. Der Durchbruch gelang in der zweiten Generation und im Zuge der Liberalisierung der Telekommärkte. Das „Handy“ wurde zum Sinnbild einer grenzenlosen Kommunikation, und nachdem Brüssel drohte, an der Preisschraube zu drehen, ist auch internationales Telefonieren in der EU nicht mehr das alleinige Privileg einer zahlungskräftigen Klientel. Diese zweite Generation – GSM – (was buchstäblich für Globales System Mobiler Kommunikation steht) zeichnet sich durch eine designorientierte Implementierung aus. Ein Konsortium einigte sich auf ein Design, welches dann von den Herstellern respektiert werden musste. Diese designte Interoperabilität hat entscheidend zum Erfolg von GSM beigetragen, das „Handy“ wurde zum Statussymbol.
Beim UMTS sah die Sache etwas anders aus, hier gab es von Anfang an je nach Region verschiedene Normen (das Problem wird in modernen Telefonen dadurch umgangen, dass alle Normen unterstützt werden). Trotz des bereits großen Erfolges der Mobiltelefonie breitete sich UMTS verhalten aus. Auch in Luxemburg war das nicht anders, daran änderte auch die Tatsache nichts, dass Staatsminister Jean-Claude Juncker 2000 in der Erklärung zur Lage der Nation UMTS als Priorität festhielt. Werbewirksam kündigte Tango, Gewinner des „beauty-contest“ zur Vergabe der benötigten Lizenzen, an, UMTS schnellstmöglich umzusetzen, und versprach, 95 Prozent der luxemburger Anwender 2Mbit/s-schnelles mobiles Internet.
Spätestens jetzt war das „Handy“ ein ganz normaler Gebrauchsgegenstand. Allerdings waren weder die Zeit, noch die Infrastruktur und schon gar nicht die Endgeräte bereit für das „schnelle mobiles Internet“. Schlimmer noch, es gab kein wirkliches Geschäftsmodell und somit auch nichts zu verdienen. Sowohl GSM als auch UMTS stützten sich auf die Sprache – gesprochen und Text – denn als Killerapplikation schlechthin stellte sich die Kurznachricht SMS heraus, mit Gewinnmargen von denen BWLer ansonsten wohl nur in der Theorie träumen.
Das Geschäftsmodell für Daten kam mit Steve Jobs, er fesselte die Provider an für ihn einträgliche Verträge und verdiente fortan an jedem übertragenen Bit. Dass davon genug auflaufen, dafür sorgt das Design der iPhones und -Pads, welche Daten am liebsten über Mobilfunk und WLAN tanken. Apple sorgte somit für den Boom der Smartphones, die Konkurrenz geriet unter Druck. Windows, Android und andere zogen nach und schufen Engpässe bei der Übertragungskapazität im Mobilnetz.
Im Zuge des Datenbooms beschleunigten sowohl GSM (max 384kBit/s) als auch UMTS (max 14 Mbit/s) ihre Datendienste.
Eine entscheidende Schwäche in Bezug auf Daten bleibt allerdings per Design : Beide Standards priorisieren immer die Sprache, was dazu führt, dass die angegebenen Transferraten reine Theorie sind. In Ballungsgebieten mit guter Netzabdeckung muss der Anwender sich im Mittel mit ungefähr 128Kbit/s zufrieden geben.
Abhilfe soll hier der neue Mobilfunkstandard LTE (Long Term Evolution) verschaffen, von einigen auch als 4G1 bezeichnet. LTE verspricht vollmundig Übertragungskapazitäten von bis zu 400Mbit/s und findet seinen Ursprung Ende 2004. Damals entstand der erste Ansatz zu einem neuen Mobilfunkstandard, welcher vorrangig dem steigenden Datendurst der Anwender Rechnung tragen sollte. LTE wird demnach von einem Ansatz ausgehen, Datenkommunikation optimiert zu ermöglichen. Im Gegensatz zu GSM und UMTS wird es dann auch keine dedizierte, verbindungsorientierte Sprachübertragung mehr geben; LTE wandelt Sprache in Daten um, diese werden dann wie eine Email, eine Word-Datei oder der Kurzfilm aus dem Urlaub übertragen, vergleichbar mit dem bereits bekannten Voice over IP (VoIP).
LTE ist ein Paradigmenwechsel: Die Daten übernehmen die Kontrolle, Sprache kommt später, in Form angepasster Daten. Allerdings, auch wenn man Sprache zu Daten und wieder zurückwandeln kann, sollte man dabei die Besonderheiten der Sprache nicht aus den Augen verlieren. Die Sprache ist eine sogenannte Echtzeitanwendung, auf Verzögerungen reagiert sie sehr empfindlich. Überschreitet diese Verzögerung mehr als 100ms, wird eine fließende Unterhaltung zunehmend schwieriger; telefonieren, wie wir es beim klassischen Festnetztelefon (also quasi verzögerungsfrei) gewohnt sind, ist nicht gegeben. Sprachverbindungen über Datenumwandlung ist also de facto ein Rückschritt in Sachen Qualität. Auch wenn LTE gegenüber GSM und UMTS an der Verzögerungschraube dreht, muss man berücksichtigen, dass diese im Funksystem immer höher sein wird als in einer verkabelten Struktur.
In diesem Zusammenhang wurde Ende 2010 eine Empfehlung aller Mobilfunkanbieter zusammengestellt: VoLTE (Voice over LTE), VoLTE soll in Zukunft festlegen, welche Mechanismen verwendet werden müssen, um auch unter den neuen Begebenheiten Sprachdienste anzubieten, und vor allem auch, wie eine Interoperabilität mit bestehenden Systemen gewährleistet werden kann.
Diese Problematik taucht beim reinen Datenverkehr nicht spürbar auf, Verzögerungen beim Seitenaufbau im Browserbetrieb sind kaum messbar, intelligente Rendermechanismen bauen Bilder schrittweise auf und Verzögerungen im Sekundenbereich beim Übertragen von Dateien fallen kaum ins Gewicht.
Auch Video- oder Audioübertragungen werden durch Tricks gezähmt, hier kommen Zwischenspeicher zur Anwendung, so genannte Buffer. Die eigentliche Darstellung erfolgt aus diesem Zwischenspeicher und nicht „live“, das kann man sehr gut nachvollziehen, wenn man zum Beispiel seinen Lieblingssender im direkten Vergleich „On Air“ und als Stream anhört. Im Stream sind Verzögerungen von bis zu einer Minute keine Seltenheit, für die Anwendung sind sie allerdings nicht wirklich störend. Und gerade diese Video- und Audioanwendungen verschlingen immer größere Übertragungskapazitäten, man will dem Konsumenten den Zugang zum eigenen Programm immer und überall ermöglichen.
LTE geht dann auch noch ein anderes Designproblem von Funksystemen an : Naturgemäß schwankt die Qualität der Übertragung über die Zeit – LTE ist so augelegt, dass es besser mit diesen Schwankungen umzugehen weiß.
Von den Spezifikationen verspricht LTE das Schlarafenland für Techniknomaden. Nüchterner zeigt sich die Realität – gerade wegen seiner guten Fähigkeiten im Datenbereich wird LTE in den Planungsstellen großer Telekomunternehmen eher als Konkurrenz beziehungsweise Alternative zu DSL angesehen denn zu UMTS.
Entsprechen präsentiert sich auch das Angebot an Endgeräten. Während Mobiltelefone gerade mal auf spezialisierten Messen aufwarten, sind die sogenannten Datensticks bei den Anbietern der ersten Testnetze bereits verfügbar.
Für Luxemburg sind diese Erkenntnisse sowie die Vorreiterankündigung von Orange allerdings vorerst Makulatur, S≠olange nämlich das zuständige Ministerium in Sachen Frequenzvergabe für LTE schweigt bleibt auch der Datentransport im neuen Netzwerk stumm.