Man sei mit dem christlich-sozialen Koalitionspartner „gut weitergekommen“, stellte Alex Bodry gegenüber dem Land zufrieden fest. Grundsätzlich sei eine Bereitschaft da, „aufgrund der Gutachten etwas an der Vorlage zu ändern“, ließ er wissen. Mit diesen Worten reagierte der LSAP-Parteipräsident auf den wachsenden politischen Druck, der in den vergangenen Tagen rund um die geplante Reform des Abtreibungsgesetzes entstanden ist. Wer allerdings seine Aussagen als eine substanzielle Annäherung an die Positionen der Kritiker der Vorlage des Justizministers Francois Biltgen (CSV) deutet, liegt vermutlich falsch.
Seitdem die Menschenrechtskommission vor den Weihnachtsferien ihr Gutachten zu dem umstrittenen Gesetzentwurf veröffentlicht hat, hat es Bodry zufolge kein Treffen mit dem Koalitionspartner zu dem Thema mehr gegeben. Das letzte Mal sei man im November zusammen gekommen. Im Mittelpunkt des Austausches habe damals das – gleichfalls kritische – Gutachten des Staatsrats gestanden. Vor allem auf einem Punkt könne man sich vorstellen, seinem Gutachten Rechnung zu tragen. Der Conseil d‘État hatte eine „opposition formelle“ angedroht für den Fall, dass die Selbstbestimmung der Frau bei der Einschätzung, wann eine Situation der „détresse“ bestehe, sich nicht auch im Artikel 353 des Code pénal wiederspiegele.
Der Frage, ob dies Auswirkungen auf die Position der LSAP in punkto obligatorische Schwangerenberatung habe, wich Bodry aus. Seine Partei, so der Politiker, sei gemaÅNss Wahlprogramm dafür, den Zugang zur Abtreibung möglichst wenig einzuschränken. Dies durchzusetzen, sei mit dem Koalitionspartner aber nicht möglich und im Regierungsprogramm die Pflichtberatung vereinbart. Allerdings müsse diese „wertneutral“ und „ergebnisoffen“ sein, betonte Bodry, für den auch eine Vereinigung, die in ihren Statuten eine „christliche Mission“ festhält, diese Neutralität erfüllen kann. Das klingt nicht so, als habe die LSAP ihre Position zum Schwangerschaftsabbruch noch einmal überdacht. Denkbar sei auch, so ist aus informierten Kreisen zu hören, dass die Residenzklausel, die eine Abtreibung nur für Einheimische erlaubt, die seit mindestens drei Monaten in Luxemburg wohnen, als Zugeständnis an die Kritiker gestrichen werde.
Unterstützung bekommen die Befürworterinnen und Befürworter einer liberaleren Regelung von anderer Seite: Die Gesellschaft der Gynäkologen stellte sich am Mittwoch auf der Generalversammlung weitgehend hinter ihren Präsidenten Robert Lemmer. Der hatte bereits vor Wochen das beibehaltene Prinzip der Strafbarkeit einer Abtreibung, sowie die Pflichtberatung kritisiert.
Eine schwangere Frau, die abtreiben will, muss ohnehin einen Arzt konsultieren. Dieselbe Position hatte die Medizinervereinigung bereits 2008 in ihrem Gutachten zum Gesetzesvorschlag der LSAP-Abgeordneten Lydie Err vertreten (siehe d‘Land vom 17.12.2010). Nur mit einer Finanzierung über die Krankenkasse wollte sich die Organisation nicht anfreunden.
Ob die Unterstützung durch die Mediziner den Gegnern des CSV-Entwurfs weiterhelfen wird, ist allerdings offen: Die vom CSV-Abgeordneten Mill Majerus angeführte Familienkommission hat es abgelehnt, das Kollektiv „Si je veux“, dessen Petition für eine Straffreiheit und gegen eine Zwangsberatung von rund 3 250 Unterstützern unterschrieben wurde, zu einer Unterredung einzuladen. Sie reicht das heiße Eisen weiter und hat lieber die Petitionskommission aufgefordert, das Frauenkollektiv einzuladen – und die Begegnung für interessierte Parlamentarier aus der Justiz-, der Gesundheits- und der Familienkommission zu öffnen. So kann dann jede/r Abgeordnete/r für sich entscheiden, ob er oder sie zu der Anhörung gehen will.