Seit der Verabschiedung des Tripartitegesetzes im Sommer 2006 gibt es mit schöner Regelmäßigkeit jedes Jahr eine neue Diskussion über dessen Auslegung beim heiklen Thema Indexmanipulation. Den Anfang machte bereits im Herbst 2006 die Frage, ob nach der rapiden Genesung der Staatsfinanzen die verzögerte Auszahlung der Indextranchen überhaupt noch nötig sei. Beziehungsweise ob die Tripartite nicht auf der Grundlage falscher Tatsachen verhandelt und entschieden hatte. So dass einzelne Gewerkschaften vorübergehend forderten, mit den Indexmanipulationen wieder aufzuhören.
Im Frühjahr 2007 kam es dann zu neuen Auseinandersetzungen, weil die Inflation damals zu niedrig war. So niedrig, dass die für August 2007 erwartete Indextranche vielleicht erst im Januar 2008 hätte fällig werden können. Weil das Gesetz aber eine Anpassung der Einkommen für 2008 im Fall eines „dépassement d’une nouvelle cote d’échéance en 2007“ vorsah, wäre bei wörtlicher Auslegung des Gesetzestextes die Indextranche nicht verzögert worden, sondern ausgefallen. Die Regierung musste versprechen, notfalls das Gesetz zu ändern. Doch die Beschleunigung der Inflation sorgte dafür, dass die Tranche von 2007 im November fällig wurde und somit im März 2008 ausbezahlt werden konnte. So dass die Aufregung sich wieder legte.
Doch inzwischen hat sich die Inflation weiter beschleunigt. Der für die Berechnung der Indextranchen benutzte „nationale“ Index, aus dem unter anderem der Kraftstoffkonsum der Tanktouristen herausgerechnet ist, hat mit 3,5 Prozent Jahresrate den höchsten Stand seit November 2000 erreicht. So dass nun die Debatte vom vergangenen Frühjahr sich mit umgekehrtem Vorzeichen zu wiederholen droht.
Die Tripartite war vor zwei Jahren davon ausgegangen, dass von 2006 bis 2009 vier Indextranchen fällig würden, und zwar jeweils im August 2006, 2007, 2008 und 2009, worauf es dann zu Gehaltserhöhungen im Dezember 2006, im Januar oder März 2008 und im Januar oder März 2009 kommen sollte.
Der zur Berechnung der Indextranchen benutzte Semesterdurchschnitt lag im vergangenen Monat bei 728,44 Punkten, die nächste Tranche wird bei 735,24 Punkten fällig. Bei der Preisentwicklung seit Beginn des Jahres dürfte dies spätestens in drei Monaten, etwa im Juli 2008, der Fall sein. So dass man davon ausgehen muss, dass der Semesterdurchschnitt von 753,62 Punkten, bei dem eine weitere Tranche fällig wird, im Laufe von 2009 erreicht wird.
Das Tripartite-Gesetz von 2006 sieht aber lediglich vor, dass die für 2008 erwartete Indextranche im März 2009 ausgezahlt wird. Von der Auszahlung der 2009 fälligen Tranche geht keine Rede im Gesetz. Sicher ist nach der aktuellen Rechtslage nur, dass sie 2009 nicht ausgezahlt wird. Ob sie 2010 ausgezahlt wird, hängt nicht nur davon ab, ob der automatische Indexmechanismus ab 2010 überhaupt wieder eingeführt wird, sondern vor allem, ob dies in irgendeiner Weise rückwirkend geschehen soll.
Dass das automatische Indexsystem rückwirkend wieder eingeführt wird, damit die 2009 fällige Tranche den Gehalts- und Rentenbeziehern nicht verloren geht, ist wirtschaftlich und politisch eher unwahrscheinlich. Doch andererseits war man sich in der Tripartite 2006 einig, dass die Indexmanipulation nicht in der Streichung fälliger Indextranchen bestehen sollte, sondern lediglich in der um fünf bis sieben Monate verzögerten Auszahlung.
Alle derzeitigen Indexprophezeiungen gehen zudem davon aus, dass die Inflationsrate mit 3,5 Prozent im vergangenen Monat einen Höhepunkt erreicht hat und im Laufe dieses und des nächsten Jahres abebbt. Wäre dies, aus welchen Gründen auch immer, aber nicht der Fall und bliebe die Inflation so hoch, würden auch die nächsten Indextranchen früher fällig. Dann wäre nicht einmal mehr auszuschließen, dass 2009 zwei Indextranchen, eine zum Jahresanfang und eine zum Jahresende, fällig würden. Von denen laut gegenwärtigem Tripartitegesetz dann keine der beiden ausgezahlt würde.
Die Staatsbeamtengewerkschaft CGFP schlug diese Woche bereits Alarm. „Durch die im Tripartite-Abkommen aus dem Jahre 2006 beschlossenen Index-Modulierungen darf keine der zu erwartenden Index-Tranchen ausfallen“, mahnte sie. Denn ein solches Szenario stünde in krassem Widerspruch zum Tripartite-Beschluss und würde niemals die Zustimmung der Gewerkschaft finden. Und zum offiziellen Auftakt des OGB-L-Sozialwahlkampfs erkannte Präsident Jean-Claude Reding am Dienstag eigentlich keinen Grund mehr, um die Indextranchen bis 2009 verspätet auszubezahlen.