Bis zur Amtseinführung von Donald Trump als 47. Präsident der USA sind noch vier Wochen Zeit, doch schon in Europa eine Versicherung auf die nächste, dass zwei Prozent der Bruttoinlandsprodukte für Verteidigung auszugeben, nicht das Ende sei. „I can tell you, we are going to need a lot more than two percent“, sagte vorigen Donnerstag Hollands Ex-Premier Mark Rutte, der nun Nato-Generalsekretär ist. Im Kalten Krieg hätten die Europäer „far more than three percent of their GDP“ eingesetzt. „With that mentality, we won the Cold War.“
Auch in Luxemburg gibt es Bewegung. Am Sonntag hatte Kammerpräsident Claude Wiseler einer Delegation des US-Repräsentantenhauses versichert, wie entschlossen das Großherzogtum sei, bis 2030 den effort de défense auf zwei Prozent des Bruttonationaleinkommens zu steigern. Was schätzungsweise 1,4 Milliarden Euro entsprechen würde. Doch diesen Mittwoch gegen Ende der Haushaltsdebatten im Parlament erzählte die CSV-Abgeordnete Diane Adehm, die „Hauptforderung“ des Besuchs aus Washington sei gewesen, auf die zwei Prozent noch vor 2030 zu kommen. CSV-Finanzminister Gilles Roth stellt sich schon darauf ein und will im Budget einen „Puffer“ einrichten, durch den sich, wenn es sein muss, schnell drei Prozent erreichen lassen.
Auf 2030 hochgerechnet, wären das 2,1 Milliarden. Und im 750 000-Einwohnerstaat, wenn die Vorhersagen des Statec zur Demografie eintreten, 2 800 Euro pro Kopf. Die USA gaben 2023 pro Kopf 2 100 Dollar aus, 3,2 Prozent ihres BIP. Mit seinem großen BIP (ausnahmsweise dem RNB für die Nato-Buchhaltung) könnte das kleine Luxemburg mit drei Prozent bevölkerungsanteilig zu einem der größten Beitragszahler werden.
Damit stellt sich nicht nur die Frage, wie das viele Geld denn eingesetzt würde. Anhaltend viel Geld wohlgemerkt, denn eine Unterschreitung sähe politisch nicht gut aus. Eine weitere Frage wäre, was der Trend zu mehr Militärsausgaben außenpolitisch und außenwirtschaftlich bedeutet. Offenbar geht es nicht nur um eine Abschreckung Russlands in Europa. In einem Artikel für die Zeitschrift Foreign Affairs schrieb Mitch McConnell, bis vor kurzem Fraktionschef der Republikaner im US-Senat, am 16. Dezember, es gehe um die „U.S.-led order“ und um „American primacy“. Die müssten auf „hard power“ gegründet sein. Die Europäer seien gar nicht so schlecht. Sie hätten ihre Militärausgaben innerhalb eines Jahres um 18 Prozent erhöht, „a far greater increase than the United States’“. Sie hätten seit Januar 2022 für 185 Milliarden Dollar amerikansiche Waffen bestellt und würden immer besser verstehen, dass China die große Herausforderung sei, „the gravest long-term challenge to U.S. interests“. Gut, dass Ursula von der Leyen schon 2023 während eines Philippinen-Besuchs erklärt hat, „security in Europe and security in the Indo-Pacific is indivisible“.
Hat das Nordatlantische Verteidigungsbündnis auch etwas im Indo-Pazifikraum zu tun? Offenbar ja, denn der Nato-Generalsekretär sagte, „China is bullying Taiwan, and pursuing access to our critical infrastructure in ways that could cripple our societies“. Zwar versucht Luxemburg sich schon lange nicht mehr China als „Tor in die EU“ anzubieten. Aber genauso wie unter Donald Trump der Druck auf die anderen Nato-Länder zunehmen wird, mehr Geld in ihre Militärs zu stecken – und ein Establishment-Republikaner wie McConnell findet, die USA selber gäben längst nicht genug aus –, wird der Druck wachsen, sich „American primacy“ auch außenpolitisch und im Außenhandel unterzuordnen. Für Luxemburg sind, wenn es darauf ankommt, die USA entscheidender als China. Für den Rest der EU ebenfalls – in Ermangelung einer autonomie stratégique, von der Emmanuel Macron mal fantasierte, und in Ermangelung genug eigener militärischer Fähigkeiten. Sie zu haben, ist ja nicht verkehrt. Man müsste halt selber über sie entscheiden und nicht Besuch aus Washington.