Die Europäische Kommission begutachtete am Mittwoch das Stabilitätsprogramm, das ihr die Regierung im Januar geschickt hatte. In ihrer anschließenden Empfehlung findet sie es ganz nett, dass das Defizit der öffentlichen Finanzen bis 2014 auf null zurückgefahren werden soll. Allerdings vermisst sie jeden konkreten Hinweis, wie dies geschehen soll. Deshalb bittet sie um weitere Aufklärung. Danach soll derzeit auch die Tripartite suchen.
Doch die Regierung ist nicht die einzige Partei in der Tripartite, die ein ehrgeiziges Ziel beziffert. Die Unternehmerseite wünscht sich die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe als oberstes Ziel der Tripartite. Und auch wenn sich dahinter oft unterschiedliche Bedürfnisse und Prioritäten von Exportindustrien und lokalen Einzelhändlern, Großbanken und kleinen Handwerksbetrieben verbergen, sind sich alle weitgehend einig, dass den entscheidenden Faktor der Wettbewerbsfähigkeit der Preis der Arbeitskraft darstellt. Eine Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit soll deshalb über eine Senkung der Lohnkosten erfolgen.
Der Dachverband aller Unternehmerverbände, die Union des entreprises luxembourgeoises, ruft den Berater des Wirtschaftsministers, Lionel Fontagné, als Zeugen auf. Der hatte darauf hingewiesen, dass die Lohnstückkosten zwischen 2003 und 2008 um 14 Prozent gestiegen sind. Die Unternehmer wollen jedoch nicht bloß die mittelfristige Lohnentwicklung an die Produktivitätsentwicklung anpassen, wie es in vorherigen Regierungserklärungen und Tripartite-Abkommen heißt. Sie wollen auch nicht den weiteren Anstieg der Lohnstückkosten bremsen. Vielmehr halten sie es für nötig, dass die Lohnstückkosten auf das Niveau in Deutschland gesenkt werden. Denn 28 Prozent aller Exporte gehen nach Deutschland, das somit Luxemburgs Haupthandelspartner ist. In einem einheitlichen Währungsgebiet verteuern die unterschiedlichen Produktionskosten die Luxemburger Produkte auf dem deutschen Markt und schwächen die Nachfrage.
Doch welche Anstrengung die Angleichung der Lohnstückkosten bedeutet, verdeutlichte – wohl auch mit Blick auf den EU-Gipfel diese Woche – die französische Finanzministerin Christine Lagarde. Sie warf letzte Woche in der Financial Times den deutschen Partnern ganz undiplomatisch vor, auf Kosten der Binnennachfrage die eigenen Exporte zu fördern und so diejenigen ihrer Handelspartner zu behindern: Deutschland habe seine Lohnstückkosten zwar „enorm“ gesenkt, aber es sei nicht sicher, ob dies „langfristig und für die ganze Gruppe“ der Euro-Staaten möglich sei. Die UEL glaubt jedenfalls, nicht an einem Versuch vorbeizukommen. Und damit auch ein wenig von einem Wirtschaftsmodell abzurücken, das bisher die Exporte begünstigte, ohne die Binnennachfrage zu vernachlässigen – dank hoher Produktivität, niedriger Steuern und Sozialabgaben. Deshalb verlangt sie, um die Lohnkosten zu verringern, „eine wirkliche Politik der Lohnsenkung und der Lohnmäßigung, eine Erhöhung der Arbeitszeit und eine größere Flexibilität der Arbeit“.
Weil die Unternehmer nicht sicher sind, dass Regierung und Gewerkschaften ihnen weit auf dem Weg der Lohnkostensenkung folgen wollen, fordern sie ersatzweise, dass die Tripartite wenigstens keine Erhöhung der Steuern oder Sozialabgaben beschließt, um die öffentlichen Finanzen zu sanieren. Allerdings hatten sie bereits in der Tripartite von 2006 einer Erhöhung der Solidaritätssteuer zugestimmt, und zumindest die halbe Regierung und die Gewerkschaften sind, anders als die DP, Steuererhöhungen alles andere als abgeneigt.