Der Kompass der EU
Ein Vorgesetzter aus der neu-faschistischen Partei Fratelli d’Italia? Christophe Hansen (Foto: oh) untersteht als Agrarkommissar dem Kommissions-Vizepräsidenten Raffaele Fitto aus der Meloni-Partei. Doch die Rolle der Vizepräsidenten werde „überschätzt“, meinte Hansen gestern gewitzt im 100,7. Was sollte er auch weiter sagen an seinem ersten Tag im Amt? Die neue EU-Kommission ist fragil, die Machtverhältnisse im Rat und im Europaparlament sind nicht klar. Ursula von der Leyen will sich auf die Koalition mit Sozialisten und Liberalen stützen und hat nichts gegen eine Unterstützung durch die Grünen. Wofür sie Anfang der Woche ein Bekenntnis zum Green Deal abgab. Doch von der Leyen und die EVP haben schon mit Koalitionen mit Rechtsaußen gespielt. Vor allem von der Leyens Landsmann Manfred Weber, der EVP-Fraktionschef, hat keine Berührungsängste nach weiter rechts. Hansen findet, das dürfe „nicht der Kompass für die Zukunft“ sein. Hoffentlich überschätzt er seinen Einfluss nicht. pf
Einheitsregime, naja
In einem „Face à Face“ im RTL-Radio am Dienstag gingen Marc Spautz, der CSV-Fraktionschef, und der LSAP-Abgeordnete und Ex-
Sozialminister Mars Di Bartolomeo auf Distanz zu den Ideen von CSJ und Jusos zu einem „Einheitsregime“ für die Renten im Privé und die Pensionen im Public. Spautz meinte, man müsse „über alles diskutieren“ können. Schlussfolgerungen wie die der CSJ kämen aber zu früh. Di Bartolomeo fand, ein Einheitsregime würde „viele Fragen“ aufwerfen.
CSJ-Generalsekretär Laurent Braun und Juso-Präsident Max Molitor hatten am Tag zuvor, ebenfalls in einem „Face à Face“, nicht dieselbe Idee vertreten. Für Laurent Braun hieße Einheitlichkeit, die im Régime général des Privatsektors geltende Beitragsgrenze von fünf Mal den Mindestlohn auch in den Régimes spéciaux für Staat, Gemeinden und CFL einzuführen. Max Molitor schwebt vor, dass künftig in keinem Regime ein Plaffong für die Beiträge bestünde, die Renten und Pensionen aber nicht höher werden könnten als sich das aus den maximalen Beiträgen im Privé heute ergibt. Hält die CSJ-Idee am Versicherungs-Prinzip fest, brechen die Jusos bewusst damit und wollen innerhalb der Rentenversicherung eine Umverteilung. Die CGFP könnte den Vorstoß der CSJ als unfreundlich auffassen, den der Jusos als eine Kriegserklärung. Kein Wunder, dass Mars Di Bartolomeo (Foto: sb) damit nichts zu tun haben will. pf
Repräsentation
3 393 Betriebe in Luxemburg verfügen über einen Personalausschuss. 2 277 (67%) haben eine Personaldelegation, die sich ausschließlich aus „neutralen“ Delegierten zusammensetzt, in 700 Betrieben (20%) sind ausschließlich Gewerkschaftsvertreter im Ausschuss, in 416 Betrieben (12%) sind sowohl neutrale als auch gewerkschaftlich organisierte Delegierte vertreten. Diese Zahlen lieferte CSV-Arbeitsminister Georges Mischo diese Woche in seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des linken Abgeordneten Marc Baum. Weil Gewerkschaften vor allem in größeren Unternehmen mit über 100 Mitarbeiter/innen präsent sind, gestaltet sich das Bild bei der Anzahl der Beschäftigten, die diese Delegierten repräsentieren, jedoch sehr unterschiedlich. Die reinen Gewerkschaftsdelegationen vertreten insgesamt 179 741 Beschäftigte (52%), die rein neutralen Delegationen 118 523 (34%), die „gemischten“ Delegationen 46 131 Arbeitnehmer/innen (13%). Über diese Zahlen freute sich der OGBL am Donnerstag in den sozialen Medien, weil sie belegten, dass fast 65 Prozent der Beschäftigten in Luxemburg von einer Gewerkschaft repräsentiert seien, und nicht 44 Prozent, wie der Arbeitsminister behauptet habe. Nach dem Eklat im CPTE am 8. Oktober hatte Georges Mischo in einer Mitteilung geschrieben, dass 56 Prozent der Personaldelegierten neutral seien und die Regierung dem in ihrem Aktionsplan zur Erhöhung der Tarifbindung Rechnung tragen wolle. ll
Internes Audit
Am 4. März hatte das Tageblatt über „schwere Missstände bei der Videoüberwachung der CFL“ berichtet. „Statt die Videobilder der rund 2 000 Kameras an Luxemburgs Bahnhöfen zu überwachen, schlafen Mitarbeiter oder schauen Serien“, schrieb die Zeitung. Zwei Tage später wies die nationale Eisenbahngesellschaft die Vorwürfe auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz zurück, sah sich als Opfer einer Verschwörung. Trotzdem leitete die sehr auf ihr Image bedachte CFL anschließend ein internes Audit ein, das am Donnerstag im parlamentarischen Mobilitätsausschuss diskutiert wurde. Auf die im Tageblatt-Artikel erhobenen Vorwürfe geht das Audit der CFL nur am Rande ein und kommt zu dem Schluss, dass die bestehenden Prozeduren und Regeln „adéquates, appropriées et efficaces“ seien. Vereinzelte Prozeduren und Kommunikationswege könnten jedoch noch verbessert werden. Ein externes Audit wäre vielleicht zu anderen Schlüssen gekommen. ll
Zénon Bernard,
KPL-Politiker und pensionierter Sportlehrer, verstarb am Donnerstag im Alter von 80 Jahren. Von 1974 bis 1979 war der frühere Fola-Spieler und Spora-Präsident Mitglied der Abgeordnetenkammer. 1979 rückte er für René Urbany in den Stater Gemeinderat nach. Von 2011 bis 2017 war er Gemeinderatsmitglied in Esch/Alzette. Zénon Bernard war der Enkel des gleichnamigen Resistenzlers und KPL-Mitbegründers, der 1942 in Kassel von den Nationalsozialisten ermordet wurde. ll