Sie ist das Vorhaben im Pensionsreformentwurf, durch welches das System am deutlichsten auf Sparkurs manövriert werden kann: Die Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung, die laut Gesetz automatisch zu Beginn jedes ungeradzahligen Jahres erfolgt, soll künftig abhängen von der Finanzlage der Pensionskasse. Wird die Zahl der Rentner so groß, dass bei der derzeitigen Beitragshöhe die Jahreseinnahmen nicht mehr reichen, um die laufenden Ausgaben zu decken und überdies eine Reserve von anderthalb Jahresausgaben vorzuhalten, soll das Ajustement gekürzt werden können.
Allerdings soll sich das nur auf Renten auswirken, die schon ausgezahlt werden. Nicht aber auf die, deren Auszahlung erst beginnt und die in ihrer Anfangshöhe auch im Verhältnis zum Reallohnstand im Basisjahr 1984 festgelegt werden. Deshalb soll mit der Reform aus dem Ajustement eine Revalorisation und ein Réajustement werden: Erstere meint die Berücksichtigung der Lohnentwicklung für die neuen Renten auch weiterhin. Letztere bezieht sich auf die laufenden Renten. Inwieweit sie ebenfalls der Lohnentwicklung folgen dürfen, soll ein Moderations-Koeffizient bestimmen. Läge er bei eins, würden die Renten voll angepasst, bei 0,5 lediglich zur Hälfte und bei null gar nicht.
Den Modérateur festzulegen, ist nicht als kurzfristige Maßnahme gedacht, die der Regierungsrat freitags vor dem Mittagessen beschließt, sondern als längerfristig wirkende Korrektur, für die eine Gesetzesänderung nötig wäre. Weil sie auf die laufenden Renten Einfluss hätte, käme jede Änderung am Modérateur einer kleinen Pensions-reform gleich.
Womöglich aber wird es nicht viele solcher Gesetzesänderungen geben. Mit ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 2013 soll die Pensionsreform den Modérateur auf eins setzen. Die laufenden Renten würden vorerst angepasst, wie gehabt. Der Reformtext hält ebenfalls fest, dass der Beitragssatz bis zum Jahr 2022 bei 24 Prozent bleiben soll. Sollte das nicht mehr reichen für Ausgabendeckung und Reservenbildung, würde der Modérateur auf höchstens 0,5 oder noch kleiner gestellt.
Anlass der Pensionsreform aber ist immerhin, dass weiter wachsende Rentenausgaben abzusehen sind. Da fragt es sich, ob der Modérateur nach einer Absenkung jemals wieder angehoben werden könnte. Dem Reformentwurf nach soll das nur möglich sein, falls der Beitragssatz wieder höher wäre als das Verhältnis der laufenden Einnahmen zu den Aufwändungen für Rentenzahlungen und Reservenbildung. In anderen Worten: Nicht einmal eine verbesserte Wirtschaftslage, die in den nächsten ein, zwei Jahrzehnten zu vielen neuen Beitragseinnahmen aus vielen neuen Hochlohnjobs führen würde, könnte die Anpassung der laufenden Renten dann wieder auf den alten Stand bringen. Sondern nur ein Beitragssatz, der höher wäre als nötig, weil er auch dem politischen Ziel dienen würde, das Réajustement aufzubessern. Da gegenwärtig jedenfalls die relativ niedrigen Lohnnebenkosten den wichtigsten Vorteil Luxemburgs im internationalen Standortwettbewerb ausmachen, und da durch Tripartite- und Regierungsentscheidungen schon in den letzten fünf Jahren das Ajustement zweimal über zwei Jahre gestreckt wurde, scheint ein solcher politischer Konsens zumindest aus heutiger Sicht wenig wahrscheinlich.
Weil die Regierung das weiß, soll auf halbem Wege der Zehnjahres-periode nach Inkrafttreten der Reform – 2017 also – eine Zwischenbilanz der Finanzlage der Pensionskasse gezogen werden. Die dann zuständige Regierung müsste entscheiden, ob sie die Beiträge schon ein wenig anzuheben versucht und den Modérateur ein bisschen senkt, damit er 2022 vielleicht wieder ein Stück erhöht werden kann. Allerdings steht das so explizit nicht im Reformtext, sondern nur als verklausuliertes Szenario im Exposé des motifs. Ein zweites Szenario steht dort nicht, ist aber leicht denkbar: Erhöhte die nächste Regierung 2017 die Beiträge nicht und das Ajustement würde 2022 zum ersten Mal stark gekürzt, würde es bei der nächsten Zwischenbilanz womöglich abgeschafft und Rentenanpassungen erfolgten nur noch über den Index. Sofern es den dann noch gibt.