„Hallo. Ich bin die Conny. Schön, dass du gekommen bist.“ Das wird sich noch herausstellen. Es ist Sonntag, es ist kurz vor zehn Uhr, es ist kalt, sieht nach Regen aus und wir stehen im Wald. Conny Gabellini, Fitnesstrainerin, gut gelaunt, behandschuht, Mütze auf dem Kopf, die zierliche Figur in wind- und wasserfeste Kleidung eingemummt, begrüßt weitere Leute. Ungefähr 20 haben sich an diesem Sonntagmorgen ein Herz gefasst und sind zum Treffpunkt für Connys Bootcamp im Bambësch gekommen. Ins „Bootcamp“ an den das Fitnessprogramm anlehnt, schickt man in den USA vornehmlich schwer erziehbare Jugendliche, um ihnen mittels militärischen Sportdrills Disziplin einzubläuen...
Seit anderthalb Jahren organisiert Conny ohne Militärdrill Bootcamps zu reinen Fitnesszwecken. Die studierte deutsche Juristin hat ihren Bürojob in der Finanz- und Dienstleistungs[-]branche an den Nagel gehängt und sich mit ihrer Firma Fitnesscoach selbstständig gemacht. Ihr selbst fehlte die Bewegung draußen an der Luft. Statt mit Papier, wollte sie mit Menschen arbeiten, hat dafür umgeschult. In Köln hat sie sich zum Personal Trainer und zur Ernährungsberaterin ausbilden lassen, damit sie beispielsweise Übergewichtigen oder Diabetikern eine umfassende Betreuung bieten kann.
Punkt zehn laufen wir los, legen nach ein paar hundert Meternden ersten Stopp zum Warmmachen ein. Und weiter geht’s. Wieder ein paar hundert Meter laufen, einen steilen Hügel runter. Unten folgt gleich der nächste Halt. Hier teilen wir uns auf Connys Geheiß in Zweiergruppen ein. Warum, stellt sich gleich heraus. Jeweils ein Partner soll genau den Hügel wieder hoch sprinten, den wir gerade herunter gelaufen sind. Die anderen machen Squats, auf altmodisch: Kniebeugen, und zwar so lange, bis der Partner zurück ist. Eine in den Oberschenkeln gefühlte Ewigkeit. Dann wird gewechselt. Nach den Kniebeugen „sprintet“ man selbst ungefähr so schnell und grazil, als würde man an den Füßen statt der Markenlaufschuhe die Schuhkartons tragen. Ob man das noch Intervall-Training nennen kann? Immerhin: Der Puls rast. „Gut macht ihr das“, lobt Conny aufmunternd. Sechs Bootcamps die Woche bietet sie an. Dazu im Frühling spezielle Bikini-Bootcamps zur Vorbereitung auf die Badesaison. Davor – ab sieben Uhr morgens – und danach betreut sie Einzelkunden. So kommt sie auf eine 70-Stundenwoche. Den Wechsel bereut sie nicht, weil es, wie sie sagt, „schön ist, wenn man Menschen helfen kann“. Es kommt etwas zurück. „Nach dem ersten Jahr haben mir Leute zu Weihnachten Geschenke gemacht und Karten geschickt. Das gab es bei der Bank nicht.“
„Dann sucht euch mal ein schönes Plätzchen.“ Während die einen wieder turnusgemäß sprinten, geht es für die anderen bäuchlings auf den Waldboden. „Plank“ heißt die Übung, bei der man auf die Unterarme gestützt, den Körper gerade hält wie ein Brett. Während die Teilnehmer auszuharren versuchen, geht Conny umher und korrigiert die Haltung. „Das ist gut für die Bauchmuskeln.“ Man hört’s. Am leisen Stöhnen im Unterholz und am kollektiven „Uff“, als die Übung beendet ist. Bei der nächsten Station machen wir, wiederum in Gruppen eingeteilt, abwechselnd Hürdenlauf, Bergsteiger, Ellbogenstabilisation, was abwechselnd auf die Puste, die Bauch-, die Oberschenkel- und die Pomuskulatur schlägt. Aus dem anfänglichen Stöhnen wird ein nicht mehr jugendfreies Schimpfen. „Denkt an die vielen Kalorien, die ihr nachher essen könnt“, ruft Conny gut gelaunt dazwischen. Die Neulinge merken, auch die Bootcamp-Routiniers machen nicht unbedingt ganz so viele Wiederholungen oder drücken nicht ganz so aufs Tempo, wie die Trainerin vorgibt.
Das ist der Trick, durch den das 45-minütige Programm zum geeigneten Fitnesskurs für alle Leistungsklassen wird. Jeder macht so viel und so schnell mit, wie er oder sie kann, und kämpft wahlweise gegen den inneren Schweinehund oder den Überehrgeiz. Und immer mit dem eigenen Körpergewicht. Auch in ihrem Studio in Bartringen gibt es keine schweren Geräte wie in anderen Studios, nur ein paar Hanteln und Medizinbälle. Sowie das TRX-System, das aus ein paar unscheinbaren, an der Decke befestigten Schlaufen besteht. Wegen der Instabilität, die entsteht, wenn man sich bei Übungen in die Schlaufen hängt, steigt die Trainings-Intensität. Damit bietet Conny denen, die es vor der klassischen Muckibude graut, gute Vorraussetzungen zum Fitwerden. Auch wenn man das Camp noch tagelang in den Beinen spürt, die Büromensch-Moral steigt ungemein, wenn man sich im Wald ein wenig verausgabt und schmutzig macht.