Wäre es nach Mars Di Bartolomeo gegangen, hätte Anfang des neuen Jahres ein reformierter Nachtersatzdienst der Allgemeinmediziner seine Arbeit aufgenommen. Sohatte es derGesundheitsminister gegenüber der Presse und auf verschiedene parlamentarische Anfragen hin immer wieder versprochen. Doch die Verhandlungen zogen sich hin, und Mitte letzten Jahres einigten der Minister und der Ärzteverband AMMD sich darauf, die Konvention über den bestehenden Nachtersatzdienst noch einmal um zwölf Monate bis zum 31. Dezember 2008 zu verlängern. Einneuer Dienst war damit für Anfang 2009 zu erwarten, wenn der Wahlkampf schon begonnen haben wird. Nicht so schön für den Minister.
Nach einem erneuten Treffen beider Seiten am 12. Dezember sieht es nun aber so aus, als würde der Gang der Dinge sich beschleunigen. Die Reform könnte bereits Mitte dieses Jahres wirksamwerden. Den Patienten kann es freuen.
Denn der bestehende allgemeinmedizinische Nachtersatzdienst sollnicht nur erweitert werden. Seit 2002 sind an den jeweils diensthabenden Krankenhäusern im Norden, im Zentrum und im Süden des Landes montags bis freitags zwischen 22 und sechs Uhr zwei Allgemeinmediziner in Bereitschaft, im Zentrum drei. Bei Bedarf bringt ein Auto mit Chauffeur sie zu Patienten, die nicht in die Klinik kommen können, beziehungsweise zu kleineren Notfällen, zu denen es nicht nötig ist, einen Samu-Notarztwagen ausrücken zu lassen. Der neue Dienst soll auch auf dieWochenenden und die Feiertage ausgedehnt werden und ganztags funktionieren; an den Werktagen soll er künftig schon ab 20 Uhr angeboten werden.Hinzu kommt jedoch, dass in Zukunft ärztliche Hausbesuche eherdie Ausnahme bilden sollen. Vorgesehen ist stattdessen, in den drei Spitalregionen Zentrum, Süd und Nord neben den Bereitschaftskrankenhäusern eine zusätzliche Stelle einzurichten,an die Patienten sich wenden können, nachdem ihr Hausarzt seinePraxis geschlossen hat. Die Erfahrung zeige, sagt AMMD-Generalsekretär Claude Schummer, dass dieMöglichkeit, zu später Stunde einen Generalisten zu konsultieren, immer häufiger nachgefragt würde als ein Hausbesuch. Und sechs Prozent der Anrufer bei der Notrufzentrale 112 wollten einfach nur einen Rat.
Deshalb sollen sich die Allgemeinmediziner im Nachtersatzdienstkünftig nicht mehr an der jeweils diensttuenden Klinik fürs Ausrücken in Bereitschaft halten, sondern werktags ab 20 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ganztags in „Maisons médicales“ Patienten empfangen. Für alle Fälle wird jede Maison médicale auch über ein Auto verfügen.
Bis Anfang kommenden Monats werden die fünf Bereitschafts-Krankenhäuser CHL, Zitha-Klinik und Hôpital de Kirchberg in der Hauptstadt, das Escher Spital im Südenund das Ettelbrücker Hôpital Saint-Louis im Norden Häuser in unmittelbarer Kliniknähe vorschlagen, die sich als Maisons médicales nutzen lassen könnten. Notfalls könne man zunächst Containerbauten aufstellen, meint Claude Schummer. Es zeige sich, dass auch die Spitäler ein Interesse an dem neuen Nachtdiensthätten – der könne "dazu beitragen, dass Patienten, die keine Notfälle sind, den Betrieb der Kliniknotdienste nicht aufhalten".
„Kliniknotdienste“ umfasst allerdings ein derart weites Feld, dasssich an genau dieser Stelle die Diskussion um den neuen Nachtdienstso lange hingezogen hatte. Die Frage hatte sich gestellt, ob die Maisons médicales nah oder weitab der Kliniken oder gar in den Kliniken angesiedelt sein sollten, oder ob, viertens, einfach mehr Generalisten die Notdienste der Spitäler verstärken sollten. Die nun gefundene Lösung würde ganz klar zwischen Krankenhausund Ärztehaus trennen, der Nacht-Generalist keine Fallselektionbei ihm eintreffender Patienten für die Urgence des Spitals eine Türweiter vornehmen, bei einem entsprechenden Krankheitsbild demPatienten jedoch raten, die Klinik aufzusuchen. Die Entscheidung,wohin er geht, soll jedoch dem Patienten überlassen sein.
Da die Lösung gemeinsam mit den Krankenhausdirektionen getroffen wurde, verstehen diese die Maisons médicales anscheinend nicht als Konkurrenz zum Klinikbetrieb – so lästig überfüllte Notaufnahmen vielleicht auch sein mögen, letzten Endes bringen sie Patienten ins Haus und rechtfertigen Personaldotationen in den Klinikbudgets. Konkurrenzbedenken der Spitäler habe man zerstreuen können, sagt Claude Schummer. Nun seien alle sehr an den neuen Ärztehäusern in ihrer Nähe interessiert.