Im Wartesaal

d'Lëtzebuerger Land vom 05.09.2025

Die Rentrée steht bevor. Für Familien bedeutet das, ihren Alltag wieder stringenter zu organisieren – meistens mit der Hilfe von Betreuungsstrukturen wie der Maison Relais. Der Bedarf ist explodiert. Waren 2005 5 000 Betreuungsplätze vorhanden, sind es heute mehr als 68 000 (OEJQS, 2025). Doch trotz dieses exponentiellen Wachstums bekommt nicht jedes Kind einen Platz, in mehreren Gemeinden gibt es Wartelisten. Das führt zu einem Widerspruch im System: Ein Angebot, das seit 2022 umsonst ist, ist dennoch noch immer nicht für alle zugänglich. Politische Priorität sei es, bis 2030 jedem Kind in Luxemburg einen Platz anzubieten, heißt es aus dem Bildungsministerium auf Anfrage.

Eine einheitliche Übersicht, wie viele Plätze wo fehlen, gibt es nicht. Das liegt am Sammelsurium des Angebots und an der Komplexität des Systems: Mehr als zwei Drittel der Betreuungsstrukturen für Kinder bis zwölf Jahre werden von Gemeinden geführt, den Rest stellen andere Träger. Andererseits werden Kinder, die „keine Betreuung“ brauchen, das heißt die die von den Trägern und vom Staat festgelegte Kriterien nicht erfüllen, zum Teil gar nicht erst als Teil einer Warteliste aufgeführt. Auf der anderen Seite kann ein Platz bei unterschiedlichem zeitlichem Bedarf von mehr als einem Kind besetzt werden. Priorität gilt Familien, in denen beide Eltern arbeiten, Alleinerziehenden und sozial schwachen Familien.

In der Hauptstadt und in Esch/Alzette, wo die Gemeinden ihre Betreuungstrukturen verwalten, ist die Situation angespannt. In der Hauptstadt stehen derzeit 600 Kinder auf einer Warteliste, schrieb das Wort vor zwei Wochen. Eine Land-Anfrage konnte bis Redaktionsschluss nicht von den Verantwortlichen der Foyers scolaires beantwortet werden. In Esch/Alzette warteten vergangenes Schuljahr 33 Kinder, die die Zugangskriterien erfüllten, auf einen Platz, wie dem Plan de développement des infrastructures scolaires (PDIS) zu entnehmen ist. Er stellt ein strategisches Planungsinstrument dar, das durch Zukunftsprojektionen das Problem vermeiden will, dass die Planung der Nachfrage stetig um einige Jahre hinterherhinkt.

Da Eltern insbesondere während der Mittagspause auf die Betreuungsstruktur angewiesen sind, variiert der Bedarf über die Woche. Unter den vielen Projekten, die DP-Bildungsminister Claude Meisch angestoßen hat, ist eines völlig unangetastet geblieben: eine grundliegende Neuorganisation der Unterrichtszeiten, die auch eine Umstrukturierung der non-formalen Bildung mit sich brächte. An allen Schrauben wird gedreht, nur nicht an der offensichtlichen. Darauf angesprochen, sagt Meris Sehovic, grüner Schulschöffe in Esch/Alzette: „Es ist nicht die Aufgabe des Staats, den Familien zu sagen, wie sie sich organisieren sollen.“ In der Südmetropole entstehen jährlich neue Strukturen. „Das System steht sehr unter Wachstumsdruck.” In Schifflingen sollen 140 Kinder auf einer Warteliste stehen, berichtete das Tageblatt im Juni.

Anfragen bei den großen Trägern deuten darauf hin, dass deren Angebot die Nachfrage einigermaßen deckt. Die Träger scheuen sich davor zu scheuen, konkrete Zahlen und Orte herauszugeben. Sie wollen die Gemeinden, die meist als Eigentümer und Bauherr fungieren, offenbar nicht vorführen. Das Rote Kreuz, das 16 Maison Relais betreibt, teilt mit, derzeit bestünden lediglich in zwei ihrer Maison Relais Wartelisten. Die Zahl der betroffenen Kinder sei „im Verhältnis zu den Gesamtkapazitäten“ gering. Für beide Einrichtungen sind Neubauten und Erweiterungen vorgesehen. Die Elisabeth, die 13 Maison Relais betreibt, habe ebenfalls „quasi keine Wartelisten“ mehr. Dieselbe Antwort von Arcus. In den beiden Einrichtungen, in denen das Angebot nicht ganz erfüllt werden konnte, geht die Direktorin Hélène Weber davon aus, dass die Plätze bis Anfang Oktober frei werden.

Sarah Pepin
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