Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildung

Eigeninitiative

d'Lëtzebuerger Land vom 15.02.2013

1 555 Jugendliche haben für dieses Jahr einen Ausbildungsvertrag unterschreiben können, 309 Jugendliche suchen noch eine Lehrstelle, meldet das Unterrichtsministerium. Das ist nicht so schlecht, trotz Krise sank also die Zahl der Bewerber, die ohne Lehrplatz bleiben, gegenüber dem Vorjahr.

Doch die positiven Zahlen können nicht über ein strukturelles Problem hinwegtäuschen: Die Arbeitslosigkeit der unter 24-Jährigen bleibt hoch. Von spanischen Verhältnissen, wo inzwischen mehr als jeder zweite Jugendliche ohne Arbeitsstelle oder Ausbildungsplatz ist, ist Luxemburg weit entfernt, aber auch hier liegt die Rate derer ohne Job bei rund 19 Prozent. Schlechtere Raten bei den Jungen haben im Dreiländereck sonst nur Frankreich und in Belgien.

Der Arbeitsminister Nicolas Schmit (LSAP) hat deshalb eine Jobgarantie angekündigt. Binnen vier Monate nach der Einschreibung beim Arbeitsamt soll jeder erwerbslose Jugendliche ein Angebot von seinem Adem-Berater bekommen. Das kann eine Anstellung sein, aber auch ein Aus- oder Weiterbildungsplatz in Schule und/oder Betrieb. Gleichzeitig ist eine strengere Zumutbarkeit im Gespräch, die jenen Jugendlichen Dampf machen, die bisher Jobs abgelehnt haben, sei es, weil ihnen der Arbeitsplatz nicht zusagte oder sie das Gehalt zu niedrig fanden.

Arbeitslosigkeit bekämpfe man nicht mit Geld, sondern mit Arbeit. Das war noch der freundlichere Teil der Schelte, die Staatsminister Jean-Claude Juncker jüngst gegen vermeintlich arbeitsunwillige Jugendliche austeilte. Richtiger wäre gewesen: Das beste Mittel gegen Arbeitslosigkeit ist eine solide Ausbildung – und wo die nicht ist, eine kohärente Strategie für Niedrig- und Unqualifizierte. Und da hapert es gewaltig. In Schmits Maßnahmenpaket gegen die Jugendarbeitslosigkeit, obwohl mit viel Tamtam angepriesen, befinden sich keine neuen Hilfen, bestehende werden nur verlängert. Die Job-Garantie wird auf EU-Ebene zudem seit Monaten diskutiert.

Dabei ist es längst kein Geheimnis mehr, dass ein Großteil derer, die keine Stelle finden, niedrig oder unqualifizierte junge Menschen sind. Eine wachsende Gruppe von Jugendlichen scheidet früh aus sämtlichen Ausbildungsangeboten aus und schafft es gar nicht erst in den Arbeitsmarkt. Daran haben Extraklassen, Schule der zweiten Chance und gut gemeinte Eingliederungsinitiativen nichts geändert. Für die rund 1 450 Jugendliche, die sich in einer Beschäftigungsmaßnahme befinden, sind die Hilfen wichtig, aber ihre Wirkung ist begrenzt. Auf der anderen Seite klagen Unternehmen, Lehrstellen blieben unbesetzt. Der Pflege- und Betreuungssektor sucht händeringend Fachpersonal.

Der Staat muss endlich eine Strategie entwickeln, wie er abgehängte Jugendliche unterstützen will. Er muss mehr kombinierte Angebote schaffen, er muss Unternehmen, die junge Leute einstellen, Steuervorteile bieten. Dass Jugendliche und Betriebe seit Jahren über eine missglückte Berufsorientierung schimpfen, ist ein Hohn und gehört längst abgestellt. Risikobereitschaft will vorgelebt sein, aber es sind oft die Erwachsenen selbst, die Jugendlichen klug raten, eine sichere Stelle beim Staat zu suchen. Warum wirbt die Regierung nicht gemeinsam mit den Berufskammern in großen – gendersensiblen – Kampagnen für vermeintlich unattraktive Berufe? Der Staat muss die Weiterbildung ausbauen, vor allem aber muss er die Schule so reformieren, dass weniger Schüler sie ohne Abschluss abbrechen. Statt arbeitssuchende Jugendliche zu schelten, täte die Regierung also besser daran, endlich selbst die Ärmel hochzukrempeln und mehr Eigeninitiative im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit zu zeigen.

Ines Kurschat
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