In der Nordstad kann man es schon ausprobieren, das „neue Besitzverhältnis zum Auto“. Im Dezember vergangenen Jahres startete dort eMovin, das Carsharing mit Elektroautos. Mit Ausnahme von Erpeldingen machen fünf der sechs Nordstad-Gemeinden mit, und so gibt es in Colmar-Berg, Schieren und Bettendorf je einen Stellplatz für die Leihfahrzeuge, in Ettelbrück und Diekirch jeweils zwei. Gegenwärtig sind sechs Autos bei eMovin im Einsatz: kleine City-Mobile vom Typ Mitsubishi iMiev beziehungsweise der ziemlich baugleiche Peugeot iOn. Ein siebentes Fahrzeug steht kurz vor der Inbetriebnahme; ein Renault Zoé, der mehr Platz bietet als die kleinen iOn und iMiev.
Und wie die Dinge liegen, wird die Carsharing-Flotte noch weiter wachsen. Denn eMovin werde „besser angenommen, als wir dachten“, sagt Jean-Marc Friederici, der als Stadtplaner die Nordstad-Gemeinden hauptamtlich in Planungsfragen betreut. „35 Abonnenten haben wir schon. Das hört sich nach wenig an, ist aber überraschend viel nach nur zwei Monaten.“ Und ständig gebe es neue Anfragen. So dass der Betreiber des Carsharing, die Firma City Mov mit Sitz in Belval, daran denke, je nach Verfügbarkeit weitere Autos in Betrieb zu nehmen, bis man bei zwölf angekommen ist.
eMovin funktioniert internetbasiert. Über die Webseite www.emovin.citymov.lu kann man nicht nur Carsharing-Abonnent werden, was die Voraussetzung für die Ausleihe eines Fahrzeugs ist, sondern auch ein freies Auto lokalisieren und es für eine Viertelstunde „blockieren“. Dann verschwindet das Gefährt von der Webseite, taucht aber wieder auf, falls man es nicht innerhalb von 15 Minuten nutzt. Längere Reservierungszeiten sind nicht möglich, weil eMovin ein Angebot sein soll, dass man ziemlich spontan nutzt, und nicht etwa eine Alternative zur klassischen Autovermietung.
In dem Sinne sind auch die Preise aufgebaut: Abgerechnet wird bei eMovin im Minutentakt. Daneben wird eine Pauschale für einen Tag, eine Woche, einen Monat oder ein Jahr fällig. Wer nur für einen Tag Kunde wird und ein eMovin-Fahrzeug während zwölf Stunden für einen Tagesausflug benutzen würde, müsste insgesamt 190 Euro bezahlen. Da wäre wohl jede Autovermietung günstiger. 25 Euro dagegen fallen an, falls man das Auto ein einziges Mal für eine Stunde nutzt. Und wer sich entschließt, während eines ganzen Jahres den wöchentlichen Großeinkauf mit dem Carsharing-Gefährt zu transportieren und es dafür jeweils eine Stunde in Gebrauch hat, zahlt nur knapp 15 Euro pro wöchentlicher Tour. Einen Anreiz, etwa einen Zweitwagen für „Besorgungen“ aufzugeben, enthält die eMovin-Tariftabelle also. So war das Angebot auch gedacht, und so werde es auch immer mehr angenommen, berichtet Friederici. Der Nutzerkreis, der sich lange abonniert, wachse. Da sei ältere Herr, der wöchentlich von daheim zum Supermarkt und zurück fährt. Da sei der 18-Jährige, dem die Eltern anstelle eines eigenen Autos ein Jahresabo für 144 Euro bei eMovin finanzieren. Oder die Immobilienagentur, die für Fahrten zu Objekten immer öfter ein Carsharing-Gefährt nutzt, oder eine Nordstad-Gemeinde, die Abonnentin wurde, um den kommunalen Fuhrpark nicht vergrößern zu müssen.
Möglicherweise wird Carsharing bald auch andernorts in Luxemburg angeboten werden. Die Gemeinden Esch/Alzette, Düdelingen und Differdingen tragen sich mit diesem Gedanken und haben in der Nordstad schon nachgefragt, wie eMovin läuft. In der Hauptstadt, die schon vor drei Jahren Carsharing zu projektieren begann, ist mittlerweile die Ausschreibung des Vorhabens gelaufen. Derzeit werte man die verschiedenen Angebote aus, berichtet Mobilitätsschöffin Sam Tanson (Grüne). Erhält die Hauptstadtgemeinde vom Innenministerium grünes Licht, für den Carsharing-Betrieb eine Ak-tiengesellschaft gründen zu können, an der sich auch „private Partner“ beteiligen würden, könne das Auto-Teilen noch dieses Jahr beginnen, stellt Tanson in Aussicht.
Startet Carsharing auch in Luxemburg-Stadt, will man dort ebenfalls Schritt für Schritt vorgehen. Vor zwei Jahren hatte Tansons Vorgänger im Mobilitäts- und Finanzschöffenamt, der heutige Nachhaltigkeitsminister François Bausch (Grüne), sich noch vorgestellt, pro Hauptstadt-Quartier zehn bis 20 Carsharing-Fahrzeuge anbieten zu lassen und damit groß ins Auto-Teilen einzusteigen (d’Land, 27.1.2012). Heute will er Schöffenrat erst einmal kleinere Brötchen backen und mit maximal 20 Fahrzeugen für die ganze Stadt anfangen. Es sei auch nicht vorgesehen, gleich jedes Stadtviertel zu bestücken, erklärt Tanson: Mit der Oberstadt, dem Bahnhofsviertel, Bonneweg, Limpertsberg und Belair werde begonnen. Sei das Kundeninteresse groß genug, baue man das Angebot selbstverständlich aus. Auf jeden Fall aber sollen in der Hauptstadt nicht nur Elektroautos im Carscharing fahren, sondern eine „gemischte“ Flotte.
Ob sich aus den lokalen Angeboten ein landesweites Carsharing wird machen lassen, wie die blau-rot-grüne Regierung in ihrem Koalitionsprogramm geplant hat, bleibt abzuwarten. Noch gibt es auch keine Gespräche über eine Verknüpfung von Carsharing mit dem öffentlichen Transport. Beim Verkéiersverbond wartet man ab, was an Carsharing entsteht und ob die Gemeinden sich womöglich auf ein Modell und einen einzigen Anbieter einigen.